Duisburg Schulplätze für Zuwanderer fehlen

Duisburg · Rund 280 Kinder aus Zuwandererfamilien besuchen Duisburger Schulen. In sogenannten Vorbereitungsklassen lernen sie vor allem Deutsch. Das zuständige Referat will weitere Plätze schaffen, weil immer mehr Familien kommen.

Ilia Vasilev hat ein großes Ziel: Später möchte er Architekt werden, sagt der 14-Jährige verlegen. Ein steiniger Weg liegt vor ihm. Um seinen Traum zu verwirklichen, müsste er zunächst Abitur machen, studieren. Ob ihm das gelingt, ist ungewiss. Denn Ilia ist Zuwanderer, er stammt aus Schumen, einer Kleinstadt im Osten Bulgariens.

Erst im März ist der Junge mit seiner Mutter und seinem Vater nach Duisburg gezogen, die Familie lebt in Hochfeld. Mit anderen Zuwandererkindern besucht Ilia eine sogenannte Vorbereitungsklasse am Landfermann Gymnasium. Für die kurze Zeit in Deutschland spricht er schon ganz passabel: "Ein bisschen schwer" sei Deutschlernen, mache aber Spaß, versichert Ilia.

Zuständig für die Beschulung ist das städtische Referat zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA). Seit den Sommerferien werden 278 Kinder in Vorbereitungsklassen unterrichtet, viele von ihnen sind Roma. Sie stammen mehrheitlich aus Bulgarien (74), Polen (55) und Rumänien (46). Ziel der Vorbereitung ist, dass die Kinder schnell Deutsch lernen, um an weiterführenden Schulen am regulären Unterricht teilnehmen zu können.

Offiziellen Angaben zufolge fehlen in Duisburg derzeit rund 60 Schulplätze für Zuwandererkinder. Ein Grund ist der starke Zustrom von Menschen aus Osteuropa seit der Erweiterung der Europäischen Union im Jahr 2007. "Wir kommen immer wieder in die Situation, dass wir mehr Kinder und Jugendliche als Lehrer haben", erläutert Referatsleiterin Elisabeth Pater.

Das Landfermann ist das erste Duisburger Gymnasium, dass Zuwanderer aus Osteuropa aufgenommen hat. "Es läuft sehr gut, wir haben keine Probleme", sagt Schulleiter Christof Haering. In zwei Klassen werden derzeit 16 Schüler unterrichtet. Zwei Sozialarbeiter, die Bulgarisch und Rumänisch sprechen, unterstützen die Lehrer. Ulrike Zastera, Lehrerin für Englisch und Erdkunde, hat ausnahmslos positive Erfahrungen mit Zuwandererkindern gemacht: "Die Schüler kommen regelmäßig und gern, befolgen alle Anweisungen."

Elisabeth Pater kennt auch Negativbeispiele: "Es gibt Eltern, die sagen, dass ihnen Schule egal ist." Wobei die meisten willens seien, ihre Kinder in Deutschland zur Schule zu schicken. Pater: "Die Menschen aus Bulgarien und Rumänen kommen häufig aus sehr prekären Lebenssituationen und bitterer Armut. Viele der Zuwandererkinder haben eine sehr lückenhafte Schullaufbahn, in einigen der Familien herrscht eine lernunfreundliche Atmosphäre." Das bestätigt der Direktor des Landfermann Gymnasiums: "Der familiäre Rahmen für Hausaufgaben fehlt oft."

Das Referat kann nur die Familien erreichen, die in der Stadt gemeldet sind. Neuankömmlinge werden alsbald angeschrieben und auf die Schulpflicht in Deutschland hingewiesen. Da oftmals mehrere Termine notwendig sind, sei, so Pater, "der Prozess von der Beratung zur Schule nicht immer einfach". Weitere Hürden seien die Sprache ("Die Eltern verstehen die Briefe nicht...") und die hohe Fluktuation insbesondere unter den rumänischen und bulgarischen Familien: "Wir haben öfter Probleme mit häufig wechselnden Wohnorten."

Für Hausbesuche fehlt den Experten vor allem Zeit und das notwendige Personal. Drei Mitarbeiter sind derzeit beim Referat damit beschäftigt, Zuwandererfamilien zu beraten und davon zu überzeugen, ihre Kinder in die Schule zu schicken. "Wir müssten mehr Präsenz zeigen", weiß Pater. Doch dafür reichen die finanziellen Mittel offenbar nicht.

So gut wie sicher ist, dass zum Schulhalbjahr im Februar 2013 weitere Vorbereitungsklassen an Duisburger Schulen eingerichtet werden. Entsprechende Gespräche mit der Schulaufsicht seien bereits geführt worden, so Pater: "Wenn der Zustrom nicht abebbt, müssen wir darauf reagieren."

(RP/rl)
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