Serie: Unser Rhein (Folge 24) Auf dem Strom gibt's kein Tempolimit

Kleve · Wasserschutzpolizei: Verkehrsdienst und Umweltaufsicht auf dem Rhein. Mit dem Dienst an Land hat ihre Arbeit wenig zu tun.

 Dienstgruppenleiter Klaus-Eckhard Dausch an Bord des Düsseldorfer WSP-Boots.

Dienstgruppenleiter Klaus-Eckhard Dausch an Bord des Düsseldorfer WSP-Boots.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Niederrhein Neulich hat es gerumst auf dem Rhein bei Dormagen. Ein leeres Frachtschiff ist auf ein anderes aufgefahren. Wenn so etwas auf der Straße passiert, ist die Polizei in fünf Minuten da, kassiert ein Knöllchen - meist von dem, der aufgefahren ist - und schreibt ein Protokoll für die Versicherung. Keine Verletzten, Blechschaden, eine Bagatelle.

 Polizist Frank Jackes kontrolliert auf dem Frachtschiff "Mario" die Papiere. An Bord gekommen ist er während der Fahrt.

Polizist Frank Jackes kontrolliert auf dem Frachtschiff "Mario" die Papiere. An Bord gekommen ist er während der Fahrt.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Auf dem Rhein heißt das für die Polizei durchaus mal eine halbe Stunde Anfahrt mit dem großen Boot. Gucken, ob das Frachtschiff wirklich leer war, was es zuletzt geladen hatte und ob womöglich irgendwelche Reste von der letzten Ladung ins Wasser gelangt sind. Prüfen, ob die Schiffe fahrtüchtig sind oder die Ladung noch gesichert ist, dauert auch etwas länger, wenn die Vorder- und Rücklichter mehr als 100 Meter auseinander liegen. Knapp fünf Stunden hat es im Dormagener Fall gedauert, bis das Boot der Wasserschutzpolizei (WSP) zum nächsten Einsatz freigemeldet war.

 Eine leere Plastiktonne - womöglich vom Sturm ins Wasser gerissen - wird geborgen.

Eine leere Plastiktonne - womöglich vom Sturm ins Wasser gerissen - wird geborgen.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

So ist das, wenn man auf dem Rhein arbeitet. Verkehrsdienst auf einer der größten Wasserstraßen Deutschlands. 3000 Schiffe nutzen den Rhein täglich in NRW, viele auf der Durchfahrt, noch mehr sind unterwegs zu den Binnenhäfen, an denen so ziemlich alles verladen wird: Container mit Gefahrgut, Futtermittel und Öle, Chemikalien aller Art, Autos, riesige Kräne, Kohle, Stahl, Aluschrott. Und mit all diesen Gütern muss sich die Wasserschutzpolizei auskennen. Und neben den umfassenden Kenntnissen in Sachen Güterumschlag müssen sie auch noch über Schiffsbau Bescheid wissen.

Kein Wunder also, dass man nicht einfach so Wasserschutzpolizist wird. "Eine gewisse Beziehung zum Wasser sollte man schon haben", sagt Klaus-Eckhard Dausch. "Wir haben ja kein anderes Arbeitsfeld." Der Polizeihauptkommissar ist selbst Segler, auch die meisten seiner Kollegen sind Wassersportler. Das allein reicht aber nicht, und auch der Wunsch, nach der Ausbildung der WSP zugeteilt zu werden, wird nicht erfüllt. "Bei uns gibt es keine Berufsanfänger." Wer die Ausbildung hinter sich hat, muss mindestens fünf Jahre an Land Dienst getan haben, bevor er in NRW aufs Wasser darf. Und dort geht dann das Lernen wieder los. Mindestens drei Jahre dauert die Weiterbildung, zu der auch das Rheinpatent gehört. 16 Mal sind Dausch und seine Kollegen dafür zwischen Koblenz und dem offenen Meer hin- und her- gefahren - das schreibt das Gesetz innerhalb von zehn Jahren vor. Mal eben aus Düsseldorf nach, sagen wir: Konstanz zu wechseln, ist für einen Wasserschutzpolizisten deshalb nicht drin. Er müsste dann zuerst noch sein Rheinpatent für den oberen Rheinabschnitt machen.

Regelmäßig gehen die Wasserschutzpolizisten übrigens auch in die Luft: Als Gewässeraufsicht kontrollieren sie den Rhein vom Hubschrauber aus auf Verschmutzungen. Werden Verunreinigungen festgestellt, suchen die Polizisten den Rhein nach dem Verursacher ab - meistens mit Erfolg. "Fahrerflucht ist auf dem Rhein ein seltenes Delikt." Besteht der Verdacht einer Umweltstraftat, übernimmt die Ermittlungen die Kriminaldienststelle der Wasserschutzpolizei. "In den vergangenen Jahren hat sich die Gewässerqualität deutlich verbessert", sagt Dausch. Das hängt nicht nur mit den Kontrollen der Polizei zusammen: "Der Rhein ist viel stärker befahren, nicht nur von Binnenschiffern, sondern auch von Freizeitkapitänen. Da wird jede Einleitung unerlaubter Stoffe ganz schnell gemeldet." Der wachsende Verkehr auf der Wasserstraße hat aber auch negative Seiten, die ein Binnenschiffer kürzlich so formulierte: "Der Rhein verkommt zum Badesee." Jachten, Sportboote, Wasserskifahrer, Segler und sogar Surfer sind auf dem Rhein unterwegs. Erlaubt ist fast alles - streng verboten ist Kitesurfen - aber nicht überall. Gesetzliche Verordnungen über den Freizeitverkehr gab es schon lange, seit einigen Jahren werden es mehr; 1995 etwa kam die Wassermotorrad(=Jetski)-Verordnung dazu, seit 2000 ist eine für Rib-Boote (motorisierte Schlauchboote mit festem Rumpf) notwendig geworden.

Sie alle müssen sich an Regeln halten, von denen die erste lautet: Die Großschifffahrt hat Vorrang. Bei den kleineren Gefährten gilt "Windkraft vor Motorkraft", und was die Schnelligkeit angeht, gibt es kein Limit. Nur der Wellenschlag, den ein Wasserfahrzeug erzeugt, darf nicht so stark sein, dass er andere beeinträchtigt.

Mit der besseren Wasserqualität ist auch die Zahl der Schwimmer gestiegen und damit die derjenigen, die die Polizisten regelmäßig aus dem Wasser fischen müssen. Auch wenn es nicht überall ausdrückliche Badeverbote gibt, rät Dausch davon ab: "Schwimmen im Rhein ist lebensgefährlich."

(RP)
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