Streitschlichter stirbt in Ibbenbüren Männer nach Tod von Senior zu Haftstrafen verurteilt

Ibbenbüren · Ein 73-Jähriger wollte einfach nur bei einer Prügelei schlichten, am Ende wurde er von einem Auto überrollt. Zwei aggressive Streithähne sind laut Gericht für den Tod des älteren Mannes verantwortlich.

 Die beiden Angeklagten mit ihrem Verteidiger (re.) im Gericht in Ibbenbüren.

Die beiden Angeklagten mit ihrem Verteidiger (re.) im Gericht in Ibbenbüren.

Foto: dpa, frg sab

Er hatte nur eine Prügelei schlichten wollen, doch er überlebte sein beherztes Eingreifen nicht: Für den Tod eines 73-jährigen Streitschlichters an einer Tankstelle in Ibbenbüren sind laut Amtsgericht zwei Brüder verantwortlich. Die Angeklagten im Alter von 25 und 26 hätten sich - neben Nötigung und gefährlicher Körperverletzung - der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht, urteilte der Richter. Für den jüngeren der beiden, laut Gericht der aggressive Haupttäter, bedeutet der Schuldspruch eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten. Die Haftstrafe von einem Jahr und zwei Monaten für den Älteren wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Das Gericht sah es erwiesen an, dass die Brüder mit ihrer andauernden Prügelattacke gegen einen Bekannten eine gefährliche Situation verursacht hatten, in der der Tod des älteren Mannes vorhersehbar gewesen sei. An einem Abend im März 2017 hatten sie den seinerzeit 25 Jahre alten Autofahrer an einer Tankstelle zur Rede stellen wollen.
Hintergrund war ein schwelender, jedoch seit einem halben Jahr ruhender Streit um angeblichen Verrat und Verunglimpfungen.

Video als Beweismaterial

Schnell eskalierte die Situation, wie in einem im Prozess gezeigten Video zu sehen ist. Der jüngere Angeklagte schlug immer wieder zu, trat, nahm sein Opfer in den Schwitzkasten, drückte ihn nieder. Sein älterer Bruder mischte sich später ebenfalls gewaltsam ein. Obwohl der Angegriffene immer wieder zu entkommen versuchte, setzten ihm die Brüder nach. All das hatte der ebenfalls anwesende 73-Jährige nicht geschehen lassen wollen und sich mit den Worten "Hört doch auf, ihr seid doch junge Leute" immer wieder schlichtend eingemischt. Er war den Streithähnen nicht von der Seite gewichen.

Als der Fahrer nach einem Dauerangriff über fünf Minuten in Panik sein Auto startete, um zu fliehen, hätte den Brüdern klar sein müssen, so der Richter, welche Gefahr hier entstanden sei. Der junge Mann setzte immer wieder vor und zurück und überrollte dabei aus Versehen den 73-Jährigen mehrfach. Die Ermittlungen gegen den Fahrer hatte die Staatsanwaltschaft schon Wochen nach dem Geschehen eingestellt, weil er nach Ansicht eines Sachverständigen den älteren Herren nicht hatte sehen können. Dem Fahrer sprach der Richter am Dienstag zudem noch ein Schmerzensgeld in Höhe von 1200 Euro zu, das die Verurteilten aufbringen müssen.

Der Richter zeigte sich in seiner Urteilsbegründung insbesondere von der Gefühlskälte des jüngeren und härter bestraften Angeklagten abgestoßen. Dieser habe sich nach dem Geschehen in einer Nachricht an einen Kumpel gerühmt, dem Autofahrer "die Fresse poliert" zu haben - und den dramatischen Tod des Streitschlichters mit keinem Wort erwähnt.

Die Verteidiger der beiden Angeklagten kritisierten das Urteil und wollen in Berufung gehen. Aus ihrer Sicht sind ihre Mandanten für den Tod des Mannes nicht zur Rechenschaft zu ziehen. Hätten sie absehen können, was passiert, hätten sie sich ja selbst in Gefahr gewähnt, so das Argument. Sie sehen dagegen eine Mitschuld beim Fahrer des Wagens.

(sef/lnw)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort