Wilde Tiere in NRW Bauern und Jäger wollen Wölfe schießen

Münster · Um das Reißen von Weidetieren und Gefahren für den Menschen einzudämmen, wollen Bauern und Jäger aus Westfalen einen begrenzten Abschuss von Wölfen im Land durchsetzen. Bauern aus dem Rheinland halten dagegen.

In NRW wurden in diesem Jahr bislang sieben Mal ein Wolf gesichtet. (Symbolbild)

In NRW wurden in diesem Jahr bislang sieben Mal ein Wolf gesichtet. (Symbolbild)

Foto: dpa

Bleiben Annäherungen von Wölfen an den Menschen dauerhaft ohne Konsequenzen für die betreffenden Wölfe, ist mit An- und Übergriffen durch die Tiere zu rechnen. Das ist eine von zehn Thesen, die der Berliner Zoologe Hans-Dieter Pfannenstiel von der FU Berlin in einem Wolfsgutachten aufstellt. Sein Papier wurde am Dienstag von den Auftraggebern, dem Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV) sowie dem Verband der Jagdgenossenschaften und Eigenjagden in Westfalen-Lippe (VJE), in Münster vorgestellt.

Beide Verbände fordern aufgrund Pfannenstiels Erkenntnissen eine "offene Debatte über verantwortliche Wege in der Bestandsregulierung von Wölfen durch die Jagd", wie die Verbände gemeinsam mitteilten. "Welche gravierenden Folgen das Vordringen von Wölfen für die offene Weidehaltung hat, wissen unsere Berufskollegen in Ostdeutschland und in Niedersachsen, wo der Wolf immer stärker auch Schafe und Rinder reißt. Es muss deutlich mehr passieren als nur eine ,Willkommenskultur' für den Wolf auszurufen", sagte WLV-Präsident Johannes Röring.

Das Gutachten wurde Anfang Mai vor dem Hintergrund in Auftrag gegeben, dass der Wolf sich immer weiter in Nordrhein-Westfalen ausbreitet. Da der Wolf in Mitteleuropa nicht gefährdet sei und somit keine ausreichende Begründung zur Einordnung der Tiere in die höchste Schutzkategorie vorliege, empfiehlt Pfannenstiel eine angemessene Regulierung des Wolfsbestandes durch die Jagd. Als Vorbild nennt er andere europäische Länder wie die baltischen Staaten, Schweden oder Finnland - dort wird die Populationsgröße der Wölfe bei den Jagdvorgaben berücksichtigt. "Es geht nicht darum, den Rückkehrer Wolf aus unserer Kulturlandschaft zu verbannen. Wir wollen vielmehr einen verantwortlichen Umgang im künftigen Zusammenleben mit dem Wolf", sagte VJE-Vorsitzender Clemens Freiherr von Oer bei der Vorstellung des Gutachtens. Es gebe weder stichhaltige juristische noch wildbiologische Gründe, weswegen der Wolf nicht auch in Deutschland bejagt werden könne. Falls dies nicht geschehe, drohten sich die Konflikte mit dem Wolf für Tier und Mensch deutlich zu verschärfen.

Doch nicht alle Landwirte in NRW stimmen dem Vorstoß zu. Der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV) in Bonn spricht sich explizit gegen die Jagd von Wölfen aus. Betont aber, dass - zum Schutz von Weidetieren - der Rückkehr des Wolfes Grenzen zu setzen seien. "Dazu ist eine konsequente und schnelle Entnahme sowohl verhaltensauffälliger als auch wiederholt Weidetiere bedrohender Wölfe unverzichtbar", heißt es vom RLV.

Jede dritte Art in Deutschland ist gefährdet
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Zudem fordert der Verband, dass jegliche wirtschaftlichen Nachteile, die durch den Auftritt des Wolfes entstehen, den Weidetierhaltern dauerhaft, vollumfänglich und rechtssicher ausgeglichen werden - "perspektivisch am besten durch ein Landesgesetz", so der RLV. Mit der Anfang 2017 veröffentlichten "Förderrichtlinie Wolf" drohten Tierhalter dagegen aufgrund zahlreicher Zuwendungsbegrenzungen und Förderausschlüsse nämlich noch auf Kosten sitzen zu bleiben. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) unterstützt diese Forderung. "Es gibt zum Beispiel spezielle elektrische Weidezäune, die Nutztiere vor Wölfen schützen können", sagt Katharina Stenglein, Projektleiterin der Nabu-Initiative "Die Rückkehr des Wolfes". Und fordert dafür finanzielle Unterstützung vom Land für die Nutztierhalter.

Auch für das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv) ist die Jagd auf Wölfe vorerst kein Thema. Vielmehr sieht es sich in der Pflicht, geeignete Wege zu finden, um mit dem Wolf zu leben, wenn dieser erst einmal wieder heimisch in NRW geworden ist. In dem beim Lanuv eingerichteten Arbeitskreis "Wolf in NRW" erarbeiten Wissenschaftler, Naturschützer, Jäger, Schafhalter, Forstwirtschaftler und Behörden derzeit ein Konzept für den Fall der eigenständigen Rückkehr des Wolfes und tauschen unterschiedliche Interessen aus. "Die Gefahr des Wolfes für den Menschen wird oft überschätzt", sagt ein Sprecher des Lanuv. Während die Gefahr für Nutztiere wie etwa Schäfer und Rinder natürlich nicht von der Hand zu weisen sei. "Bisher haben wir aber immer Mittel und Wege gefunden, um das Problem in den Griff zu bekommen", so der Sprecher.

Das Landesumweltministerium sagte, dass es das Gutachten des WLV in seine weiteren Überlegungen einbeziehen werde. "Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien festgelegt, dass die derzeitige Strategie zum Umgang mit dem Wolf genau geprüft und weitere Maßnahmen zum Schutz von Menschen und Nutztieren erarbeitet werden sollen", heißt es.

Naturschützer hatten dem Vorstoß von WLV und VJE entgegnet, dass die Tötung von Wölfen ein ungeeignetes Mittel zum Schutz von Nutztieren sei. Werde die Rudelstruktur durch den Abschuss eines Wolfes zerstört, nehme die Wahrscheinlichkeit zu, dass die übrigen Tiere Nutztiere rissen. "Die Aufgabenverteilung gerät durcheinander, die Tiere sind nervös. Um satt zu werden, suchen sie die leichteste Beute", sagt Stenglein vom Nabu. Es könne daher keine Abschussquote geben.

(RP)
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