Dinslaken 1300 PS - Ein Käfer gibt Vollgas

Dinslaken · Arndt Putzmann (48) aus Wesel organisiert in Ungarn das erste Drag-Racing für PS-starke Käfer aus ganz Europa.

Dinslaken: 1300 PS - Ein Käfer gibt Vollgas
Foto: Putzmann

Arndt Putzmann ist es schon gewohnt, dass der eine oder andere, dem er von seinem außergewöhnlichen Hobby, seiner großen Leidenschaft vorschwärmt, verständnislos den Kopf schüttelt. Und er kann es auch ein wenig verstehen. Denn was er so in seiner Freizeit macht, ist tatsächlich schon ein bisschen verrückt: Wann immer es geht, ist der 48-jährige Weseler in seiner Garage zu finden, in dem sein Käfer steht. Der bass-mintgrüne Oldtimer besticht nicht unbedingt durch sein gepflegtes Äußeres. Aber die inneren Werte, verdammt, die haben es in sich. Ein Ungetüm von Motor mit unzähligen Schläuchen und Leitungen und Drähten ist das Herzstück des Volkswagens, der es nach Angaben seines Halters auf unglaubliche "700 bis 1300 PS bringt".

 Am 30. Mai 1968 wurde Arndt Putzmann geboren, sein Käfer zugelassen.

Am 30. Mai 1968 wurde Arndt Putzmann geboren, sein Käfer zugelassen.

Foto: Klaus Nikolei

Wie das möglich ist? "Nun", sagt Schlossermeister Arndt Putzmann, "das ist das Ergebnis von jahrelangem Tüfteln." Und dann kommt er der Bitte des Besuchers nur zu gerne nach, der wissen will, wie diese große Liebe zwischen Mensch und Maschine begonnen hat. "Anfang der 90er Jahre rief mich ein Kumpel an und meinte, ich müsste unbedingt einen Käfer kaufen, den er in Herne in einem Garten entdeckt hat." Der Clou war nämlich, dass der 1200er VW Käfer am 28. Mai 1968 erstmals zugelassen wurde. "An dem Tag bin ich geboren."

Arndt Putzmann lacht herzhaft. Weil der Zustand des Autos zwar erbarmungswürdig war, es aber nur 200 Mark kosten sollte, ging der Käfer schließlich in Arndt Putzmanns Besitz über. In seiner neuen Heimat wurde der 1200er peu à peu so weit wieder hergestellt, dass Familie Putzmann damit Ausflüge unternehmen konnte. Doch irgendwann wurde der Schlossermeister unruhig. "34 PS waren mir zu wenig. Also habe ich experimentiert und geschraubt und probiert, bis der Käfer schnell war - mit dem Segen des TÜVs."

Doch wie das so ist, wenn man dem PS-Rausch verfallen ist, man will einfach immer mehr. Und so besorgte sich Arndt Putzmann über das Internet in den USA alle möglichen Teile, um einen Motor zusammenzubauen, der - kein Scherz - mit Lachgas läuft. Mittlerweile ist er auf Methanol umgestiegen. Irgendwie kam der Weseler im Laufe der Jahre mit der Drag-Szene in Kontakt (siehe Infobox) und nahm mit seinem Gefährt zunächst in Deutschland, dann auch in Europa an den spektakulären Rennen teil. Weil er und seine Käferfreunde aber bislang immer gegen Autos anderer Marken (meist US-Schlitten) starten musste, kam ihm die Idee, eine eigene Rennserie nur für luftgekühlte Käfer ins Leben zu rufen. Und weil seine Idee auf Gegenliebe gestoßen ist, hat er kurzerhand die European Aircooled Championschip gegründet. "Ich bin praktisch der Miniminimini-Ecclestone des Drag-Racings", sagt er lachend. Das erste Rennen wird im April in Ungarn stattfinden - auf einem früheren Flugplatz bei Budapest im Rahmen eines Honda-Treffens. Mehr als 40 Anmeldungen liegen bereits vor. Er selbst fährt natürlich mit. Ob's für ein Platz auf dem Siegertreppchen reichen wird? Arndt Putzmann lacht schon wieder herzerfrischend. "Nein. Ich bin Einzelkämpfer. Viele andere arbeiten im Team und sind schneller." Wobei er auf der gut 400 Meter langen Rennstrecke nach wenigen Sekunden 250 Km/h erreicht hat. "Das Problem ist, dass mir der Motor stets nach der Hälfte der Distanz um die Ohren fliegt und der Käfer ins Ziel rollt." Gefragt nach seinem Ziel, lächelt er: "Mein Traum ist es, einmal den schnellsten Käfer Europas zu fahren." Dass es Menschen geben wird, die nun verständnislos mit dem Kopf schütteln, kann er gut verstehen. Aber es macht ihm nichts aus.

(RP)
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