Hünxe Schöne Gesichter, starke Beine

Hünxe · Am Montag, wenn die Familie Schult auf ihrem Hof in Hünxe zur Hengstpräsentation einlädt, ist Dressurstar Isabell Werth mit von der Partie. Besucher und Züchter aus dem ganzen Bundesgebiet reisten an.

Boston muss sich das Ganze erst einmal ansehen. Dem vierjährigen Hengst mit einem Stockmaß von 1,68 Meter ist das, was gerade um ihn herum geschieht, absolut nicht geheuer. Nervös reckt er seinen Kopf, trippelt zur Seite. "Lass ihn erst einmal alles anschauen", rät Dressurstar Isabelle Werth dem Reiter des Dunkelfuchses.

Doch Boston findet keinen Gefallen an dem, was er da sieht. Der Kameramann stört ihn ganz offensichtlich. Der Kameramann muss also gehen. So läuft das auf dem Hof der Familie Schult in Hünxe. Das Wohlergehen der Tiere hat höchste Priorität.

Nachwuchshoffnungen

Wie in jedem Jahr präsentierte der Familienbetrieb auch an diesem Wochenende wieder die erfolgreichsten Hengste seiner Station. Neben den etablierten Zuchthengsten Extasy, Risohorse Locorotondo und den Halbbrüdern La Calido und Chirivell hielt Familie Schult dabei auch echte Nachwuchshoffnungen für die Besucher bereit.

Die waren, so zumindest verrieten es die Nummernschilder auf dem voll besetzten, zum Parkplatz umfunktionierten Gelände rund um den Hof, aus dem ganzen Bundesgebiet angereist. Die Hünxer Hengstpräsentation hat mittlerweile so etwas wie Kultstatus erlangt. Pferdebegeisterte treffen sich hier ebenso wie Familien, die die Gelegenheit nutzen, durch die Stallungen zu streifen und Fohlen zu streicheln.

In der Halle des Schultschen Hofes hat sich Boston mittlerweile an die Enge und die vielen, ihn gebannt bestaunenden Augenpaare gewöhnt. Würdevoll trabt er an der Bande vorbei, zeigt scheinbar selbstbewusst seine imposante Statur. "Wunderschönes Tier", murmelt eine Showbesucherin mit fasziniertem Blick auf den vierjährigen Hengst. Isabell Werth sieht das ähnlich, drückt sich aber fachmännischer aus.

"Er hat eine besondere Blutkombination, eine großartige Schwungentfaltung und herrliche Langbeinigkeit." Gut, denkt sich der unbedarfte Besucher, das klingt tatsächlich alles sehr edel. Die, die nicht "im Thema stecken", tun sich dabei jedoch recht schwer, das "gute Hinterbein", die "super Mechanik" und die "wunderbare Oberlinie" zu entdecken. Macht aber nichts, denn nun wendet Boston seinen Kopf wieder interessiert dem Publikum zu und Isabell Werth bittet den Reiter, ihn ruhig einmal gucken zu lassen, so könne das Publikum "sein sehr schönes Gesicht" erkennen. An dieser Stelle herrscht dann zum ersten Mal Einigkeit zwischen Laien und Fachmännern.

Während in der Halle Vollprofi La Calido seine Runden vor Publikum trabt, tritt am Hinterausgang Boston zurück ins Freie. Von Nahem betrachtet ist der Hengst genauso schön wie riesig. "Besser, Sie treten ein paar Schritte zurück", bitten die jungen Damen, die ihn für den Rücktransport bereit machen. Boston wird derzeit im Stall von Olympionikin Isabell Werth auf größere Aufgaben vorbereitet und soll dahin schnellst möglichst zurück.

Dazu werden ihm Transportgamaschen um die muskulösen Beine gewickelt, und auf diese Umziehaktion hat Boston keine große Lust. Er schnaubt und versucht, seitwärts auszuscheren, die Mädchen jedoch kennen das schon, halten ihn gut fest und streichen ihm beruhigend über den Hals. Boston wird ruhiger und schaut dann seinem Gegenüber direkt in die Augen. "Blutkombination und Langbeinigkeit hin oder her; du hast so ein schönes Gesicht", denkt man sich augenblicklich. Und hat damit wohl recht — wenn es sogar die Profis sagen.

(RP)
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