Dormagen Dormagen droht ein Hausärzte-Mangel

Dormagen · Dem Land gehen die Hausärzte aus. Immer weniger junge Mediziner wollen ihr Geld als klassischer Hausarzt verdienen. Die Gefahr, dass es in diesem Bereich bald Lücken gibt, besteht auch in Dormagen. Acht ältere Ärzte hören bald auf.

 Dr. Norbert Sijben weiß, wovon er spricht: Der Zonser Allgemeinmediziner ist Sprecher des Praxisnetzwerks und hält engen Kontakt zu seinen Kollegen in Dormagen.

Dr. Norbert Sijben weiß, wovon er spricht: Der Zonser Allgemeinmediziner ist Sprecher des Praxisnetzwerks und hält engen Kontakt zu seinen Kollegen in Dormagen.

Foto: Jazyk

Das Thema ist so heikel, dass kein Betroffener öffentlich darüber sprechen mag, geschweige denn vor die Fotokamera will. Fakt ist: In den 17 Hausarztpraxen in Dormagen sind acht Ärzte beziehungsweise Ärztinnen bereits in einem Alter, dass sie in den nächsten zwei, drei Jahren in den Ruhestand gehen können. Die Suche nach Nachfolgern läuft, und sie gestaltet sich nicht einfach. Wer mit dieser Situation nach draußen geht, riskiert, dass ihm Patienten weglaufen, so glauben diese Ärzte.

"Zurzeit haben wir noch keinen Mangel in Dormagen", sagt Dr. Norbert Sijben, "aber die Situation wird sich verschärfen", weiß der Allgemeinmediziner, der in Zons praktiziert. Er ist Sprecher des Praxisnetzes Dormagen, dem nahezu alle Ärzte angeschlossen sind. Bei den 17 hausärztlichen Praxen liegt ein Teil in Gemeinschaftspraxen. Sijben: "Einige suchen schon konkret Nachfolger, was nicht leicht ist." Denn nur jeder zehnte Medizinstudent möchte Hausarzt werden, jeder zweite will auf keinen Fall auf dem Land arbeiten. Das ergab eine Umfrage der Universität Trier im vergangenen Jahr unter mehr als 11 000 Medizinstudenten. "Unser Gesundheitssystem hat so keine solide Basis mehr", warnte Regina Feldmann, Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Gegenwärtig sind noch 40 Prozent aller niedergelassenen Ärzte Allgemeinmediziner. Doch nur elf Prozent aller Mediziner entscheiden sich, Facharzt für Allgemeinmedizin zu werden.

Warum die Situation so schwierig ist, erklärt der Dormagener Sijben so: "Die nachwachsende Ärzteschaft hat in den allermeisten Fällen eine Spezialisierung als Ziel, dies sieht man schon seit mehr als zehn Jahren an den Facharztprüfungen bei der Ärztekammer." So standen bei der letzten Veröffentlichung im Rheinischen Ärzteblatt 28 Allgemeinmedizinern 246 Spezialisten mit Prüfung vor der Ärztekammer Nordrhein gegenüber. Das Ansehen des Hausarztes als "Basisarzt" hat gelitten, sagt Sijben: "Die hochtechnische Medizin und das Spezialwissen wird vielfach als Nonplusultra angesehen. Dabei werden die Allgemeinmediziner als Hausärzte in Zukunft noch mehr als früher benötigt, schon alleine wegen des demografischen Wandels." Aber eines sei für ihn auch klar: "Der Allgemeinmediziner als engagierter Hausarzt ist eigentlich der schwerste Arztberuf: Er sollte vom gesamten Medizingebiet möglichst viel wissen und muss sich ständig auf allen Gebieten weiterbilden, um dann nicht zuletzt zu erkennen, wo seine Grenzen sind und der Spezialist gefordert ist." Das Nachwuchsproblem kranke laut Sijben auch daran, dass viele Mediziner das Leben in der Stadt oder in Stadtnähe bevorzugen. Die zunehmende Bürokratie und Regressverfahren schrecken ebenso ab. Auch Frauen scheuen oft vor der Verantwortung und dem zeitlichen Aufwand als Hausärztin zurück.

Dormagen sieht der Pressesprecher des Praxisnetzes durch die Lage zwischen Düsseldorf und Köln als interessanten Standort für Hausärzte an. Sijben: "Die Ärzte aller Fachrichtungen arbeiten in Dormagen kooperativ zusammen." Das Arztleben auf dem Land verschaffe hohe Zufriedenheit "und eine mehr als gute wirtschaftliche Sicherheit", sagt er. "Man muss nur die Menschen mögen und für sie da sein."

(NGZ)
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