Düsseldorf Händler rechnet mit der Innenstadt ab

Düsseldorf · Das Fachgeschäft Fausel, Biskamp zieht von der Kasernenstraße nach Grafenberg. Die Lage sei den hohen Preis nicht wert, sagt Inhaber Marc Neise. Zuspruch bekommt er von Modemacher Norman Icking.

 Marc Neise in seinen neuen Räumen an der Ludenberger Straße. Die Innenstadt vermisst er nicht.

Marc Neise in seinen neuen Räumen an der Ludenberger Straße. Die Innenstadt vermisst er nicht.

Foto: Andreas Endermann

Jetzt hat er so viele Jahre die U-Bahn-Baustelle vor seiner Tür ertragen und nun, wo das Ende absehbar ist, schließt Marc Neise sein traditionsreiches Fachgeschäft Fausel, Biskamp im Wilhelm-Marx-Haus an der Kasernenstraße und zieht gen Grafenberg. "Schon länger gehen mir der Verkehr in der Innenstadt und all die Events auf die Nerven", sagt der Inneneinrichter. Statt Trubel will er in den Räumen an der Ludenberger Straße eine entspannte Beratungssituation bieten und sich "höchstpersönlich" um die Kunden kümmern. "Die Innenstadt-Lage ist ihren Preis nicht mehr wert", urteilt der Wohnberater, der das Familienunternehmen in der dritten Generation führt. In Grafenberg gibt es genügend Raum für sein privates Tapetenmuseum mit 14 000 Mustern und im Innenhof sind Parkplätze.

Auch Neises Nachbarin Beate Ellenbeck, die seit acht Jahren das Dessous-Bademoden-Geschäft "Dolce Vita Deluxe" an der Kasernenstraße 6 betreibt, ist kein Fan der zahlreichen Feste und Veranstaltungen. "Wir Einzelhändler leiden unter den Aktivitäten der Stadt. Dann ist Düsseldorf zwar voll mit Touristen, die bummeln und gucken, aber nichts kaufen." Negativ habe sich beispielsweise der Weihnachtsmarkt am Stadtbrückchen entwickelt. "Wir werden schon Wochen vor dem Start von den Buden eingekesselt, da kommt keiner unserer Kunden mehr in den Laden", sagt sie.

Rainer Gallus, Geschäftsführerdes Handelsverbands Nordrhein-Westfalen, kennt die Lage der kleinen und mittelständischen und vor allem familiengeführten Unternehmen gut: "Anders als die Großen profitieren sie weniger von Synergien und können sich oftmals die Mietforderung in der begehrten Innenstadt nicht leisten."

Für Marc Neise hat sich die Situation auch durch das Internet verändert. Interessenten für seine Produkte machten den "Spezialisten" zunächst online ausfindig und würden dann längere Anfahrten nicht scheuen. "Noch werden unsere Produkte nicht im Internet gekauft. Man will sie anfassen und die Farben im Original sehen", erklärt Neise. Schließlich habe die Haute Couture für die Wand ihren Preis, ein paar hundert Euro pro Meter Blattgold verzierter Tapete seien nicht selten. Neise ist mit Wandschmuck aus Papier groß geworden. Sein Vater gilt auf dem Gebiet als der deutsche Pionier. In den 1970er Jahren brachte Hans-Joachim Neise, damals Chef von Fausel, Biskamp (1887 in Düsseldorf als Rheinisches Tapetenhaus gegründet), die Grastapete nach Deutschland und aus den Vereinigten Staaten die erste Metallische. "Im schönen Osten von Düsseldorf" startet Marc Neise nun neu. "Fausel,Biskamp 5.0" nennt er das Unterfangen. "Denn es ist der fünfte Umzug in der Firmengeschichte."

Einer, der den Wegzug aus der Innenstadt nicht bereut, ist Norman Icking. 30 Jahre lang hat der Modemacher sich rund um die Königsallee bewegt, bevor er sein Geschäft aufgab und mit dem bestehenden Atelier in Flingern verknüpfte. Zwischen Sushi-Bar, Waschsalon, und Eisdiele präsentiert er seitdem seine individuell angefertigten Roben und Brautkleider. "Der reine Umsatz ist in Flingern nicht einfach zu halten", sagt der Designer, "doch es zählt, was übrig bleibt." Der Trubel in der Innenstadt zwischen Zuckerwatte und Champignons-Pfannen sei für den hochwertigen Handel wenig dienlich. Icking braucht diesen Rahmen nicht mehr, "mein Geschäft lebt nicht von der Laufkundschaft".

(RP)
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