DM Beteiligungen AG vor dem Landgericht Tausende Opfer und Millionenschaden durch Schneeball-System

Düsseldorf · Die DM Beteiligungen AG soll 9000 Opfer betrogen haben. Am Dienstag begann der Prozess gegen zwei mutmaßliche Mitwirkende des 90-Millionen-Euro-Schwindels. Die schillernde Hauptfigur wird aber wohl nie verurteilt werden.

 Die Hauptfigur fehlte bei Prozessbeginn.

Die Hauptfigur fehlte bei Prozessbeginn.

Foto: Arne Lieb

Vor dem Düsseldorfer Landgericht hat am Dienstag der Strafprozess rund um die DM Beteiligungen AG begonnen. Das in Düsseldorf ansässige Unternehmen betrog laut Anklage durch ein Schneeballsystem rund 9000 Opfer, der Schaden liegt bei 90 Millionen Euro. Zehn Jahre nach der Insolvenz müssen sich nun zwei Angeklagte vor der Wirtschaftsstrafkammer verantworten. Es handelt sich um den damaligen Vorstand, heute 55 Jahre alt, und einen Steuerberater, 52 Jahre.

Luxus-Schlitten und kostspielige Flüge zu Boxkämpfen

Die schillernde Hauptfigur in dem Fall wird allerdings wohl nicht im Gerichtssaal erscheinen: Das Landgericht hat das Verfahren gegen den Nürnberger Kaufmann Jürgen Schlögel (52) eingestellt. Dabei hat er laut Anklage die Unternehmenspolitik nahezu im Alleingang bestimmt, die beiden mit ihm Angeklagten haben auf seine Weisung gehandelt. Gegen den Nürnberger, der für Luxus-Schlitten und kostspielige Flüge zu Boxkämpfen bekannt war, läuft allerdings bereits ein Betrugsverfahren in noch größerem Ausmaß in Leipzig, wo er auf ähnliche Weise Anlieger betrogen haben soll. Mit Blick auf diesen Prozess ruht die Anklage in Düsseldorf, wie es heißt vorläufig.

Aber auch in Sachsen gilt eine Verurteilung des Mannes inzwischen als unwahrscheinlich. Das Landgericht Leipzig hat alle Verfahren im Frühjahr vorläufig eingestellt. Grund ist der schlechte Gesundheitszustand des Angeklagten, der die Folge von Alkoholsucht sein soll. Amtsärzte hatten bestätigt, dass er nicht verhandlungsfähig ist. Das Gericht will den Gesundheitszustand in regelmäßigen Abständen überprüfen lassen, Beobachter zeigen sich aber wenig optimistisch, dass es noch zu einem Urteil kommen wird.

Kompliziertes Betrugssystem

Auch die Richter in Düsseldorf müssen sich also ohne den mutmaßlichen Drahtzieher einen Überblick über das komplizierte Geflecht aus Firmenbeteiligungen und Zahlungen machen, auf dem der Betrug laut Anklage beruhte. Die Firma mit Sitz an der Berliner Allee versprach demnach Anlegern Wertpapiere mit einer Verzinsung von 5,5 bis sieben Prozent pro Jahr — auch für damalige Verhältnisse waren das traumhafte Renditen, die laut Staatsanwaltschaft per Telefonverkauf und Werbeschreiben an die Kunden gebracht wurden.

Die Anleger vertrauten allerdings den sogenannten Inhaberschuldverschreibungen nur, weil ihnen falsche Tatsachen vorgespiegelt wurden. Prospekte wiesen ein hohes Eigenkapital aus, während in Wahrheit ein Minus in Millionenhöhe vorlag. Zu der Masche gehörte laut der Anklage auch, dass die Firma einen schwunghaften Handel mit Unternehmensanteilen betrieb. Dabei hätten sich die Werte innerhalb kürzester Zeit auf wundersame Weise vervielfacht, obwohl keines der angekauften Unternehmen nennenswerte Gewinne erzielt habe.

In Wahrheit lief das Geschäft nur durch ein Schneeballsystem weiter: Die Auszahlung von fälligen Papieren gelang laut Anklage über einige Jahre nur, indem genügend neue Anleger gewonnen werden konnten. Große Summen seien zugleich in den luxuriösen Lebensstil des Hauptangeklagten geflossen, der auch über Firmen in Nürnberg, Fürth und der Schweiz verfügte. Als schon die Pleite drohte, versuchte man noch, Anleger durch "Treueprämien” von der Auszahlung abzubringen. Schließlich brach das System trotzdem zusammen, im Sommer 2006 wurde Insolvenz beantragt.

Offenbar wegen Überlastung der Wirtschaftsstrafkammer wird die von 2011 stammenden Anklage erst jetzt verhandelt. Das Landgericht hat 38 Verhandlungstage bis Juli 2017 angesetzt. Die Richter müssen in dieser Zeit herausfinden, was die beiden verbliebenen Angeklagten von dem Betrug wussten und welchen Anteil sie an den Geschäften hatten. Nach Angaben eines Gerichtssprechers sind bereits 145 Zeugen benannt. Allerdings könnte das Verfahren schneller laufen als geplant: Beide Angeklagte haben beim Prozessauftakt angekündigt, dass sie sich zur Sache äußern wollen.

(arl)
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