Düsseldorf "Islamunterricht ist Basisarbeit"

Düsseldorf · Muslimische Schüler an der Realschule Luisenstraße lernen islamische Religion. Wer über den Islam gut informiert ist, fällt auch keinen Bauernfängern in die Hände, sagt Lehrer Duran Terzi. Zwei Staatssekretäre besuchten den Unterricht.

 Moderner Islamunterricht an der Realschule Luisenstraße: In Vierer-Gruppen treten die Schüler in einem Quiz gegeneinander an.

Moderner Islamunterricht an der Realschule Luisenstraße: In Vierer-Gruppen treten die Schüler in einem Quiz gegeneinander an.

Foto: Andreas Bretz

Wer den Islamunterricht für die achte Klasse in der Realschule an der Luisenstraße besucht, der fühlt sich an diesem Vormittag an eine Quiz-Sendung erinnert. Auf eine weiße Wand projiziert ist eine Illustration: eine Sonne mit einem stilisierten lachenden Mund, darüber eine haltende Hand, darunter eine empfangende Hand. Die Schüler sitzen in Vierer-Gruppen am Tisch, beugen sich über ihre Blätter, manche stecken die Köpfe zusammen. Dann schnellt eine Hand hoch, eine Schülerin ruft "Hadith". Sie darf erraten, welcher der mehr als 1000 Jahre alten überlieferten Aussprüche von Mohammed der türkische Karikaturist Hasan Aycin illustriert hat. Die Antwort der Schülerin ist richtig: "Nummer 20: Lächeln ist eine Spende." Die Gruppe bekommt einen Punkt.

"Ja, man kann nicht nur Geld spenden, man kann auch gute Laune schenken", sagt Duran Terzi, der sich das Quiz ausgedacht hat. Seit 2003 erteilt er an der Schule Islamkunde, seit vorigem Schuljahr Islamunterricht. Darüber hinaus ist er auch als Schulbuchgutachter und in der Lehrerfortbildung aktiv. Mit seiner langjährigen Erfahrung gehört er in Nordrhein-Westfalen zu den Pionieren des Fachs. Lehrbücher gibt es nur wenige, Arbeitsblätter erstellt er meist selbst. "Wir tauschen unter Kollegen aber auch Unterrichtsmaterialien per E-Mail aus", sagt Terzi.

Für seinen Unterricht denkt er sich gerne Spiele aus. "Wenn die Schüler dreimal etwas lesen sollen, machen sie es nicht. Bei einem Spiel machen sie es fünfmal, ohne es überhaupt zu merken." Dabei nützt ihm seine Erfahrung in der Jugendarbeit. Außerdem schaut er sich auch bei Unterrichtsmaterialien für katholische und evangelische Religion etwas ab. Der Austausch ist auch Schulleiterin Ingrid Fellmark wichtig, die selbst Lehrerin für evangelische Religion ist. So führen muslimische Schüler ihre christlichen Mitschüler durch die Moschee, und umgekehrt führen katholische und evangelische Jugendliche ihre Mitschüler durch die Kirche. Wenn Terzi an den christlichen Gottesdiensten teilnimmt, sei das ein Signal der Offenheit, die auch eine Vorbildfunktion für die Schüler hat, erklärt Schulleiterin Fellmark.

Von dieser Offenheit konnten sich auch zwei Staatssekretäre der rot-grünen Landesregierung überzeugen. Sie verschafften sich gestern in der Realschule einen Eindruck über die Unterrichtspraxis - als Grundlage für weitere Überlegungen."Bis 2019 gilt eine Übergangsform, danach soll es eine dauerhafte Regelung geben", sagt Ludwig Hecke, Staatssekretär im Ministerium für Schule und Weiterbildung.

Positiv aufgefallen waren ihm und seinem Kollegen Thorsten Klute vom Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales im Unterricht das selbstverständliche Miteinander von Jungen und Mädchen. "Das widerlegt ein gängiges Vorurteil", sagt Hecke. Außerdem fanden sie wichtig, dass Terzi die Darstellung von Bildern einbezogen und betont hatte, es handele sich um eine Auslegung. "Es gibt eben nicht nur die eine Wahrheit", sagt Hecke. Neben einer vorwiegenden Auslegung gebe es andere davon abweichende Auslegungen, die es zu akzeptieren gelte.

Von den 479 Realschülern an der Luisenstraße sind mehr als ein Drittel Moslems. Terzi findet es wichtig, dass muslimische Schüler in der Schule etwas über ihre Religion lernen, damit sie nicht Bauernfängern in die Hände fallen. "Wir machen hier Basisarbeit", sagt er. Wenn Jugendliche erst einmal von Stimmungsmache durch Extremisten beeinflusst seien, sei es sehr schwer dagegen anzukommen.

(RP)
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