Kolumne Mein Düsseldorf Köln schon wieder!

Düsseldorf · Die Buh-Rufe gegen ein Mädchen aus Düsseldorf beim Adele-Konzert fallen auf die Domstadt zurück, die aktuell wohl ein Image-Problem hat.

Dieser angebliche Zwist zwischen Köln und Düsseldorf ist nicht besonders originell, bestenfalls Folklore, wie wir finden. Achselzuckend nehmen wir zur Kenntnis, wenn es mal wieder gegenseitiges Frotzeln gibt, ernst nehmen können wir das nicht, schließlich sind sich die Städte, bei allen Unterschieden, doch zu ähnlich und habe beide ihre Stärken.

Aber als das Mädchen aus Düsseldorf jüngst beim Konzert der englischen Sängerin Adele auf der Bühne ausgebuht wurde, weil sie sagte, sie komme aus Düsseldorf, da hat uns das doch anders, nämlich tiefer berührt, diese Reaktion hatte plötzlich eine andere Qualität als bisherige Blödeleien. Es war nicht etwa Mitleid für das Kind, eher Fremdschämen angesichts so viel Mangel an Respekt und Sympathie für eine schöne Szene. Der Anblick blieb haften: Das hübsche Mädchen, glücklich, dem Star so nahe sein zu können, perfekt Englisch sprechend und ziemlich ungerührt angesichts einiger Deppen im Publikum, die reflexhaft meinten, das tun zu müssen, was sie immer tun, wenn sie den Namen der angeblich rund um den Dom ungeliebten Stadt rheinabwärts hören - Buh rufen also. Adele, gänzlich ahnungslos, reagierte souverän ("Shut up!"), und auch die Mutter des Kindes blieb cool.

Aber das Video des Auftritts verursachte Aufruhr im Netz, die Kleine wurde zum Star in Print- und anderen Medien. Tenor: Verständnis für die Buh-Rufer hatte keiner. Auch im Kölner Rathaus, im Umfeld der neuen Oberbürgermeisterin Henriette Reker, empfand man wohl mit lobenswerter Feinfühligkeit, dass eine Grenze überschritten worden ist und entschuldigte sich öffentlich für das Verhalten einiger Konzertbesucher.

In der Stadtspitze hat man offenbar die Antennen fein justiert und gemerkt, wie angekratzt und dringend verbesserungswürdig das Image der an sich weltoffenen Stadt Köln derzeit ist. Und dies nicht erst seit Silvester. Dass es zum Jahreswechsel auf dem Platz vor dem Hauptbahnhof zu beispiellosen Szenen kam, lastet kaum einer der Stadt selbst an. Aber wie deren Polizei und die Verantwortlichen im Rathaus damit umgingen, sehr wohl: Aufmerksam wird registriert, wie in einer Mischung aus falsch verstandener Toleranz und rheinischer Wurstigkeit nach außen dreist versucht wird, Tatsachen zu verdrehen und einen vermeintlich schönen Schein zu wahren.

Dabei ist einem Teil des häufig so selbstverliebten Kölns offenbar nicht klar, wie irritiert man im Rest des Landes wahrgenommen wird - und zwar wegen einer ganzen Serie von Merkwürdigkeiten. Unvergessen ist nach wie vor die peinliche Schlamperei bei der Wahl voriges Jahr, der durch Baupfusch verursachte Einsturz des Stadtarchivs, sind die Probleme beim Neubau des Opernhauses, und ist das peinliche Herumgehampel im Rosenmontagszug nach Terroranschlägen in Paris. Aufgrund des eher schrägen Gesamtbildes hat sich eine Meinung aufgebaut, an der die Stadt keine Freude haben kann - das breit grinsend oder schadenfroh geseufzte "Köln schon wieder!" ist ein Motto, das wie Hundedreck am Schuh klebt, und das man natürlich schnell wieder loswerden möchte.

Und nun dieser Auftritt beim Adele-Konzert! Seit einigen Wochen war Ruhe eingekehrt, die Ereignisse der Silvesternacht werden im Landtag aufgearbeitet, der Innenminister und die Ministerpräsidentin liegen dafür im Feuer und vergleichbare Verbrechen beim Karneval der Kulturen in Berlin lenkten das Interesse ebenfalls in eine neue Richtung. Aber mit einem Schlag stand Köln wieder in negativen Schlagzeilen - weil ein kleines Mädchen auf der Bühne als Heimatort Düsseldorf nannte und einige meinten, dies mit Buh-Rufen quittieren zu müssen. Armes Köln - diese Buh-Rufe fallen auf dich selbst zurück. Und wenn du noch mehr Pech hast, machen die Höhner demnächst ein Lied daraus. Zuzutrauen wäre denen das. Aber man könnte sie daran hindern.

(RP)
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