Düsseldorf Fabelhafte Geigerin Kopatchinskaja

Düsseldorf · Die in Moldawien geborene Solistin begeisterte durch musikalischen Übermut.

Wenn Patricia Kopatchinskaja Geige spielt, wird alles zu neuer Musik. Besser gesagt, zu Musik, die gerade erst entsteht, wie aus dem Nichts heraus, und zugleich aus uralter Zeit zu kommen scheint.

Die aus Moldawien gebürtige Geigerin spielt in der Oberliga der Saitenkünstlerinnen und will doch gar nicht passen in die Reihe der smarten Kolleginnen, die Brahms oder Tschaikowski zum Anlass nehmen, perfekte Töne zu produzieren und wohl kalkulierte Interpretationen abzuliefern. Kopatchinskaja dagegen schert sich wenig um Tonschönheit und pflegt ein wild gemischtes, mit dem Jetset-Gastierbetrieb kaum kompatibles, eigenwilliges Repertoire.

In die Tonhalle kam sie nun mit Prokofjews Violinkonzert Nr. 2 und Ravels höllisch schwerer "Tzigane". In roter Seidenrobe, die weniger elegant als bäuerlich wirkte und glitzernden Schläppchen, die sie sogleich ablegte, um auf vorsorglich ausgebreitetem Teppich wie immer barfuß zu spielen, begann sie nachdenklich, mit einer nahezu vibrato-los, nackt klingenden Tonfolge von archaischer Schlichtheit, um in der Folge Prokofjews um neue Einfachheit bemühtes Konzert aufzurauen, ohne es zu zerlegen.

Kopatchinskajas Ton ist eher schmal, aber höchst prägnant, und sehr wohl auch zu süßer, zartester Schönheit fähig, wenn er Goldfäden spinnt und gläserne Flageolett-Flötentöne in den Himmel schickt. Ravels "Tzigane" überraschte später mit federnder, aberwitziger Virtuosität, die wiederum nie Selbstzweck war, sondern verspielter Ausdruck musikalischen Übermuts. Fabelhaft.

Die Camerata Salzburg begleitete die zur Spontaneität neigende Geigerin unter der Leitung von Louis Langrée mit kammermusikalischer Delikatesse und erwies sich darüber hinaus als allererste Instanz in Sachen Mozart: Bereits die frühe C-Dur-Sinfonie KV 338 imponierte mit lebendigem, sprechendem, ja angriffslustigem Zugriff.

Zur Perfektion rundete sich diese Kompetenz in der abschließenden Jupiter-Sinfonie, die Langrée einer klugen Dramaturgie unterwarf und zu einem soghaft-triumphalen Final-Satz führte. Eine Mozart-Sternstunde.

(RP)
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