Amtsgericht in Düsseldorf Sozialhilfe einer Toten kassiert: Bewährungsstrafe

Düsseldorf · Weil ein junges Paar jahrelang Profit aus dem Tod einer Nachbarin (57) schlug, die Leiche einfach in deren Wohnung liegen ließ und in ihrem Namen sechs Anträge auf Sozialunterstützung fälschte, hat das Amtsgericht die Täter zu je einem Jahr Bewährungsstrafe verurteilt. Zugleich übte der Richter harte Kritik am Sozialsystem: "Es ist erstaunlich, dass es so leicht ist, den Staat hinters Licht zu führen. Das System ist offenbar fehlerhaft, braucht dringend eine Änderung."

In jenem Mietshaus in Eller lebte die schwer kranke Frau in einer Single-Wohnung im vierten Stock, der jetzt angeklagte 30-Jährige wohnte im Erdgeschoss. Seine Freundin (32) behauptete am Donnerstag, ihr sei im März 2010 aufgefallen, dass "da im Haus ein Briefkasten offenstand und voller Post war". Dabei habe sie auch ein Antragsformular für Sozialleistungen mit sämtlichen Daten der 57-jährigen Mieterin gefunden — und habe es ausgefüllt ans Jobcenter geschickt.

Prompt erhielt sie monatlich die Sozialhilfe auch für die Nachbarin ihres Freundes. Dabei lag diese laut Anklage schon seit November 2009 tot in ihrer Wohnung. Gemeinsam schlug das junge Paar aber noch mehr als zwei Jahre lang Kapital daraus, dass niemand den Tod der Mieterin bemerkte. Als es doch auffiel, die Sozialleistungen im Oktober 2012 eingestellt wurden und die Wohnung 2013 aufgebrochen wurde, fanden die Ermittler nur noch das Skelett der 57-Jährigen.

"Ich schäme mich sehr", wisperte die Angeklagte vor Gericht. Ihr Freund will erst von dem makabren Schwindel erfahren haben, als seine Freundin die Sozialleistungen nicht mehr auf ihr eigenes, sondern auf sein Konto überweisen ließ.

Das glaubte der Richter aber nicht. Und er fand es "erschütternd", dass ein Mensch sterbe und dreieinhalb Jahre lang keiner der anderen Nachbarn und keine Behörde etwas merke. Weil der Serienbetrug mit einem Schaden von 10.000 Euro den Angeklagten extrem leicht gemacht worden sei, kamen beide mit Bewährungsstrafen davon. Einer der Verteidiger betonte, dass beide Angeklagte seit Jahren in psychiatrischer Behandlung sind, einer der beiden sogar eine Intelligenzminderung aufweist. "Und doch haben sie das Jobcenter über Jahre hinweg plündern können."

(wuk)
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