Serie "Kriegsende in Düsseldorf" Zum Kriegsende den Schnaps vernichtet

Düsseldorf · Der Industrie-Club wurde von den Alliierten sofort nach ihrem Eintreffen als Quartier konfisziert. Am letzten Abend vor der Übergabe sollen einige Mitglieder große Mengen an Alkohol noch schnell ausgetrunken haben.

Es gibt die vielen traurigen Geschichten über den Krieg und seine letzten Tage in Düsseldorf, und es gibt wenige hoffnungsvolle. Viele davon wurden im Rahmen dieser Serie erzählt. Ganz selten aber sind kuriose Geschichten, und diese ist solch eine.

Es ist Mitte April 1945. Bereits seit sechs Wochen wird die Stadt von den Alliierten belagert. Am 3. März haben Soldaten der 83. US-Infanteriedivision die linkrheinischen Stadtteile Düsseldorfs besetzt. Neuss wurde einen Tag vorher erobert. Fortan ist die Stadt geteilt. Die Front verläuft in einer Linie mit dem Rhein. Und für die wenigen Zivilisten, die auf deutscher Seite trotz Beschuss in Düsseldorf bleiben, beginnen schwere Zeiten. Unter ihnen sind auch Mitglieder des Düsseldorfer Industrie-Clubs. Die meisten seiner Mitglieder sind zwar im Krieg oder in Gefangenschaft. Einige, meist ältere, leben aber noch in der Stadt. Ihnen ist klar, dass ihr relativ mondänes Domizil wohl bei einem sehr bald bevorstehenden Einmarsch der Alliierten konfisziert werden dürfte, so wie viele Hotels oder Privatwohnungen im bereits eroberten Teil Deutschlands.

Am 17. April 1945 endet der Zweite Weltkrieg in Düsseldorf endgültig. Die Amerikaner besetzen die ganze Stadt. Und in den letzten Kriegswirren zeigten die in der Heimat verbliebenen Clubleute ihre rheinisch-pragmatische Seite.

Sie erfuhren davon, dass ihr Clubheim bald jemand anders nutzen würde, und handelten. "Die Düsseldorfer Mitglieder trafen sich kurz vor dem Eintreffen der Alliierten im Keller des Clubs", sagte dessen Ex-Geschäftsführer Bernd Dieckmann im Jubiläumsjahr 2012 im RP-Interview. Er selbst war nicht dabei, aber die Geschichte wurde von den Mitgliedern weitererzählt. "Was noch an Wein, Schnaps und sonstigem Alkohol vorhanden war, wurde von ihnen in einer einzigen Nacht ,vernichtet', die älteren Vereinsmitglieder berichten nicht mehr von dem Rausch, weil sie sich nicht erinnern", sagte der frühere Kulturdezernent der Stadt damals. "Ein friedlicher Rausch in schlimmer Zeit." Von den damals Feiernden lebt heute kaum noch jemand. Aber die Geschichte jener Nacht, in der der Alkohol in Strömen floss, ist kein Geheimnis geblieben.

Am nächsten Morgen tritt das ein, was die Herren geahnt hatten: Das dem Club gehörende Park-Hotel wird genau wie der Industrie-Club an der Elberfelder Straße selbst von den amerikanischen Militärs konfisziert. Im Juni treten britische Besatzer an ihre Stelle. Diese erlauben den Mitgliedern lediglich den Zutritt zum Keller, zum Erdgeschoss und zum ersten Stockwerk. Und diese Erlaubnis kann jederzeit widerrufen werden. An ein erneutes Aufleben des Clublebens ist nicht zu denken. "Im November 1945 besuchen zwei englische Offiziere den Industrie-Club und erkundigen sich unter anderem nach der Zahl der ,Nazimitglieder'", schreibt der Historiker Volker Ackermann in seinem Buch "Treffpunkt der Eliten". Hausvorstand Alexander Hevelke habe die Zahl mit "ungefähr zehn Prozent" angegeben. Wenn diese Angaben stimmten, dann wären 80 der rund 800 Clubmitglieder in der NSDAP gewesen.

Verboten wird der Verein von der Militärregierung anschließend aber nicht. Es wird beschlossen die Satzung von 1921 wieder anzunehmen. Doch erst am 24. Februar 1948 erteilen die Militärs eine Unbedenklichkeitsbescheinigung.

(RP)
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