Duisburg "Bau-Desaster" belastet die Gemeinde

Duisburg · Undichtes Dach, Wasserschäden, bröckelnder Putz und Dehnungsrisse: Im Jüdischen Gemeindezentrum am Duisburger Innenhafen müssen für viele hunderttausend Euro gravierende Schäden beseitigt werden.

 Das Jüdische Gemeindezentrum ist zurzeit eine Baustelle: Viele Fenster mussten ausgebaut werden, weil die Holzrahmen verrottet sind. Jetzt werden Aluminiumrahmen eingesetzt. Geschäftsführer Alexander Drehmann bezeichnet die Bausubstanz als „Desaster“.

Das Jüdische Gemeindezentrum ist zurzeit eine Baustelle: Viele Fenster mussten ausgebaut werden, weil die Holzrahmen verrottet sind. Jetzt werden Aluminiumrahmen eingesetzt. Geschäftsführer Alexander Drehmann bezeichnet die Bausubstanz als „Desaster“.

Foto: Christoph Reichwein

Auf die vorsichtig formulierte Anmerkung des Redakteurs, dass es ja schon sehr früh "Probleme" mit der Bausubstanz des Jüdischen Gemeindezentrums gegeben habe, ging der neue Geschäftsführer der Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen weniger diplomatisch ein: "Das ist sehr höflich formuliert. Ich würde sagen: Der Bau ist ein Desaster!" Seit Juli 2015 ist Alexander Drehmann als Nachfolger von Michael Rubinstein im Amt. Und wie zuvor Rubinstein muss sich nun Drehmann mit Bauschäden herumschlagen, die man bei einem prestigeträchtigen Gebäude, das noch keine 20 Jahre alt ist, nicht erwarten würde.

Zur Erinnerung: Nach jahrelangen Verhandlungen und Überlegungen einigten sich die Jüdische Gemeinde und die drei Städte Duisburg Mülheim und Oberhausen, den Neubau eines Gemeindezentrums zu ermöglichen und die Kosten zu je einem Drittel zwischen Land, den drei Städten und der Jüdischen Gemeinde aufzuteilen.

 Neben der Schadensbeseitigung läuft auch noch die Erneuerung der Sicherheitsschleuse am Haupteingang.

Neben der Schadensbeseitigung läuft auch noch die Erneuerung der Sicherheitsschleuse am Haupteingang.

Foto: Christoph Reichwein

Die Stadt Duisburg erbrachte ihren Anteil durch die Bereitstellung des Grundstücks am Innenhafen, Anschrift: Springwall 16. Im Frühjahr 1996 lobte die Jüdische Kultusgemeinde Duisburg-Mülheim/Ruhr-Oberhausen in Abstimmung mit der Internationalen Bauausstellung Emscherpark (IBA) und der Innenhafen Duisburg Entwicklungsgesellschaft (IDE) einen Architektenwettbewerb aus. Sieben international renommierte Architekten wurden als Teilnehmer eingeladen. Das Preisgericht entschied sich in seiner Sitzung am 2. Juli 1996 für den Entwurf des deutsch-israelischen Architekten Zvi Hecker. Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr 1997. Am 21. Februar 1999 wurde die Duisburger Synagoge eingeweiht.

Die Architektur des Gemeindezentrums spaltete die Geister. Die einen waren fasziniert von der Verbindung von Zweckbau und Skulptur. Die charakteristischen fünf unverputzten Stahlbetonsäulen, die Zvi Hecker entworfen hatte, nehmen Bezug auf die Jüdische Religions- und Kulturgeschichte. Sie erinnern zum einen an ein aufgeschlagenes Buch, zum anderen an die fünf Finger einer offenen Hand. Diejenigen, die die Architektur kritisch sehen, meinen, dass man die "Pointe des Gebäudes", seine Buch- und Handsymbolik, nur aus der Vogelperspektive erkennen kann. Die "zweckfreien" Stahlbetonträger seien nur raumgreifend - und sonst nichts.

Einige Dachpartien des Baus sind begrünt und sollen auf den benachbarten Garten der Erinnerung weisen, den der israelische Künstler Dani Karavan entworfen hatte. Das Zentrum hat insgesamt eine Nutzfläche von 1600 Quadratmetern. Es beherbergt neben der Synagoge als Gottesdienstraum einen großen Veranstaltungssaal, Büros und Wohnungen. In einer dieser Wohnungen lebt Alexander Drehmann. "Die Architektur ist Geschmackssache", sagt er, macht aber keinen Hehl daraus, dass sie ihm nicht gefällt. Schlimmer sei seiner Meinung nach indes, dass die Jüdische Gemeinde mit seinen rund 2700 Mitgliedern viele hunderttausend Euro aufbringen muss, um die gravierendsten Schäden zu beseitigen. Die schlimmsten sind: Undichtigkeiten in der Dachkonstruktion, daraus resultierende Wasserschäden im Betonwerk, bröckelnder Putz an der Außenfassade und Dehnungsrisse.

Einige dieser Schäden sind schon seit Jahren bekannt. Bereits im Jubiläumsjahr 2009 (zehnjähriges Bestehen) mussten erste Sanierungsarbeiten wegen "Durchfeuchtung" vorgenommen werden. Drei Jahre später wurden weitere Schäden offensichtlich, so dass innerhalb der Gemeinde schon Überlegungen laut wurden, das Zentrum aufzugeben. Nach Krisensitzungen konnte der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeine im April 2012 verkünden, dass die Gemeinde an ihrem Standort festhält. Doch erst im Laufe dieses Jahres, schätzt Drehmann, werden die schlimmsten Schäden beseitigt werden können. Wie hoch die Kosten am Schluss sein werden, traut er sich nicht vorherzusagen. "Die Gemeinde wird mit Sicherheit Kredite aufnehmen müssen", sagt er. In den nächsten Wochen möchte Drehmann Stiftungen und Spender anschreiben, die der Gemeinde finanziell unter die Arme greifen können. Wie einst Michael Rubinstein so möchte auch Alexander Drehmann im Veranstaltungssaal des Jüdischen Gemeindezentrum öffentliche Kulturveranstaltungen anbieten.

Geplant seien Lesungen mit interessanten und Konzerte. Im Frühling soll der Veranstaltungsreigen beginnen. Dann sei auch die Sicherheitsschleuse, die unabhängig von Bauschäden installiert wird, fertig.

(pk)
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