Duisburg Mit Fahrrädern zur gelebten Inklusion

Duisburg · Eine Werkstatt, in der Menschen mit und ohne Behinderung Fahrräder reparieren, hat gestern in Wanheimerort eröffnet. Geboten wird ein Rundum-Service für Drahtesel.

 Roselyne Rogg ist stolz: Vom Montage-Service bis zum Ersatzteile-Verkauf im angeschlossenen Laden - die Fahrrad-Werkstatt bietet alles.

Roselyne Rogg ist stolz: Vom Montage-Service bis zum Ersatzteile-Verkauf im angeschlossenen Laden - die Fahrrad-Werkstatt bietet alles.

Foto: Reichwein

Pünktlich zur Fahrradsaison hat gestern am Kalkweg 24 die Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) ihre runderneuerte Fahrradwerkstatt eröffnet. Wer sich hier um die Reparatur kümmert, sei aber gar nicht von großer Bedeutung. Im Vordergrund stehe die gute Qualität, die hier geleistet werde, sagt Roselyne Rogg, Geschäftsführerin der WfbM.

Viel Glas, dadurch helle Räume, die von außen gut einsehbar sind - so präsentiert sich die Werkstatt nach ihrem Umbau. "Ein Unterschied wie Tag und Nacht im Gegensatz zu vorher", sagt Rogg und strahlt. Das transparente Gebäude sehe aber nicht nur schön aus, sondern habe auch eine bestimmte Intention: "Behinderte Menschen müssen sich nicht verstecken", sagt Rogg. Darum sei neben der guten Arbeit auch ein Ziel, Berührungsängste mit behinderten Menschen abzubauen. "Man kann viel über Inklusion reden, wir reden nicht nur, wir machen einfach." Gelebte Inklusion nennt sie das. Die Überlegung bei solchen Projekten sei immer, wie sie so gestaltet werden können, dass die Behinderung nicht in den Vordergrund gestellt wird. Das hat schon beim Restaurant "Der kleine Prinz" in der Innenstadt, dem Rheinstrand-Café "Ziegenpeter" in Hochfeld und dem Innenstadt-Geschäft für schöne Dinge "Ars Vivendi" funktioniert.

Nun gibt es also auch noch eine Fahrrad-Werkstatt, die durch den Umbau genauso modern wie anderen Projekte anmutet und durch engagierte Mitarbeiter eine hohe Qualität verspricht. Damit diese immer gegeben ist, arbeitet auch ein Zweiradmechaniker-Meister in der Fahrrad-Werkstatt. Rolf Wißdorf hatte früher selbst ein Geschäft, suchte aber irgendwann eine neue Herausforderung. Die hat er seit drei Jahren in seiner neuen Arbeit gefunden, indem er versucht, teils komplexe Inhalte anschaulich zu vermitteln. "Die Arbeit macht sehr viel Spaß, weil meine Kollegen hoch motiviert sind." Nachdem er lange genug einfach nur als "Schrauber" gearbeitet habe, gebe es hier einen anderen Fokus als in der Vergangenheit. "Der soziale, pädagogische Aspekt ist das Interessante." In erster Linie sei Wißdorf dafür da, um seine Mitarbeiter anzuleiten, "dass sie möglichst viel selbstständig machen". Je mehr Arbeit es gebe, umso schneller lernen seine Kollegen, betont er. Momentan arbeiten mit ihm sechs Menschen mit Behinderung zusammen. "Es sollen aber noch mehr werden", sagen Rogg und Wißdorf. "Es haben auch schon viele Interesse bekundet", sagt der Zweiradmechaniker und fügt hinzu: "Vielleicht entdecken wir hier noch ein richtiges Talent."

Dass die Fahrrad-Werkstatt nach vier Monaten Umbau so modern daher kommt, ist auch Menschen zu verdanken, die ebenfalls an gelebte Inklusion glauben. Wie Karin Kastner. Sie ist die Eigentümerin der Immobilie und hat von Beginn an zugesichert, das Projekt zu unterstützen. "Damit es so schön werden konnte, fehlte noch ein bisschen Geld." 21.000 Euro um genau zu sein. Geld, dass sie gern gespendet hat. "Ich wollte unbedingt, dass dieses Projekt hier und nirgendwo anders ist", sagt sie. Auch die Stadtwerke haben sich engagiert und bei ihren Lohnabrechnungen auf die Beträge hinter dem Komma verzichtet - zusammengekommen ist eine Summe von rund 6000 Euro. An Unterstützung hat es also nicht gemangelt. Was jetzt noch fehlt, sind jede Menge Kunden, die die Werkstatt ans Laufen bringen.

(RP)
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