Duisburg Philharmoniker diesmal "in Oranje"

Duisburg · Ein Komponist, der Blockflöten-Solist und der Gastdirigent, alle drei aus den Niederlanden, bestimmten das jüngste, erste Philharmonische Konzert der neuen Saison 2017/18 in der gut gefüllten Mercatorhalle.

 Erik Bosgraaf hieß der sensible Solist in Jeths' Konzert, das ihm gewidmet ist. Er spielte die Ganassi-Blockflöte.

Erik Bosgraaf hieß der sensible Solist in Jeths' Konzert, das ihm gewidmet ist. Er spielte die Ganassi-Blockflöte.

Foto: Philharmoniker

"Verlorene Paradiese" war der Abend überschrieben, denn die beiden Werke auf dem Programm sind so verbunden, wie es auf den ersten Blick nicht sichtbar war. Der 1959 in Amersfoort geborene, jetzt im Philharmonischen Konzert anwesende Willem Jeths thematisiert in seinem 2014 im Concertgebouw Amsterdam uraufgeführten Konzert für Blockflöte und Orchester Erinnerungen an die Kindheit und das Verschwinden der Kindheit. Es enthält perfekt passende Zitate aus dem Lied "Wenn mein Mütterlein" aus den "Kindertotenliedern" von Gustav Mahler, der seine ersten Erfolge in den Niederlanden hatte. Nach der Pause folgte Mahlers 70-minütige Sinfonie Nr. 5 cis-Moll (eigentlich a-Moll, nach dem an zweiter Stelle stehenden Hauptsatz), entstanden 1901-03, die im vierten ihrer fünf Sätze, dem berühmten "Adagietto" für Streicher mit Harfe, gleichfalls an ein verlorenes Paradies erinnert.

Erik Bosgraaf hieß der sensible Solist in Jeths' Konzert, das ihm gewidmet ist. Er hatte auch angeregt, die Ganassi-Blockflöte nach Art des 16. Jahrhunderts zu verwenden, denn die ist kräftiger als die gängige Barock-Blockflöte und kann sich so besser gegen das Orchester durchsetzen.

Die Komposition ist entsprechend durchsichtig instrumentiert, bis hin zur Glasharmonika (das sind Kristallgläser, über die mit angefeuchteten Fingern gestrichen wird). Spätestens am Ende, wo es laut Jeths um das "Absterben des inneren Kindes" geht, schien die Zeit stillzustehen. Schade nur, dass Bosgraaf von seiner mäßigen Intonation durch den Showeffekt abzulenken versuchte, dass er gelegentlich ebenso theatralisch wie sinnfrei ein Knie hochzog.

Die Mahler-Sinfonie mit ihrem Kosmos aus Trauer, Dramatik, Heiterkeit und einer betörend schönen Liebeserklärung kam hier recht deutlich herüber. Die Duisburger Philharmoniker konnten ihre bewährte Mahler-Kompetenz aber zunächst kaum ausspielen, denn der 1973 geborene Gastdirigent Antony Hermus bewältigte noch nicht die notwendige Balance der Klangfarben (die Bläser übertönten die Streicher) und der Tempi sowie die plastische Phrasierung und die drastischen Kontraste. Die Wende kam erst im mittleren Satz "Scherzo", in dem Mahler sich unmissverständlich aussprach, angeführt von einer lapidar-virtuosen Solopartie für das erste der sechs Hörner. Zu diesem Zweck stellte sich die junge philharmonische Solohornistin Magdalena Ernst vor die reflektierende Rückwand und lieferte mit klarem Ton und gelassener Musikalität die stärkste Leistung in diesem Konzert. Sie wurde am Ende auch am meisten bejubelt - wobei der (vermeintliche) Triumph des Finales sowieso seine Wirkung nicht verfehlte.

Im nächsten, zweiten Philharmonischen Konzert am 18. und 19. Oktober, jeweils um 20 Uhr, in der Philharmonie Mercatorhalle, dirigiert der 1986 geborene finnische Gastdirigent Ville Matvejeff die frühe, noch recht spätromantische "Lustige Sinfonietta" op. 4 von Paul Hindemith und die Choreographische Sinfonie in drei Teilen (also vollständige Ballettmusik) "Daphnis et Chloé" von Maurice Ravel, darin singt der Philharmonische Chor Duisburg textlose Vokalisen.

Karten gibt es am einfachsten im Internet unter karten@theater-duisburg.de.

(hod)
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