Kommentar Ein Häuptling, diesmal von der SPD

Emmerich · Wird die Stadt Emmerich einen zweiten Beigeordneten bekommen? Es sieht ganz danach aus, denn jetzt hat die CDU Unterstützung für den Wunsch der Sozialdemokraten signalisiert.

Die Besetzung der wichtigsten Posten in einem Rathaus spiegelt immer auch die Machtverhältnisse in der Politik wider. Wichtige Leute sind zum Beispiel die Beigeordneten, die mehrere Bereiche in einem Rathaus verantworten. Sie unterstehen dem Bürgermeister, ihnen wiederum unterstehen die Abteilungs- und Fachbereichsleiter.

Wer so einen Posten innehat, kennt nicht nur die Zusammenhänge im Rathaus, sondern kann natürlich auch politische Entscheidungen mitsteuern. Wenngleich das natürlich niemand in einem Rathaus öffentlich bestätigen würde. Schließlich ist die Verwaltung ja eigentlich nur ausführendes Organ der Politik. Das muss man wissen, um die sich abzeichnende Entscheidung für einen zweiten Beigeordneten im Emmericher Rathaus beurteilen zu können.

Jahrelang gab es im Rathaus nur einen Beigeordneten: Dr. Stephan Wachs. Der Verwaltungsjurist steht zur Wiederwahl an. Acht Jahre wäre seine nächste Amtszeit. Dafür muss ihn die Mehrheit des Rates wählen. Tut sie das nicht, leidet er keinen Hunger, denn die Stadt muss für seinen Ruhestand Bezüge bezahlen. Im Fall von Stephan Wachs wäre das natürlich eine dumme Entscheidung. Er ist er weit von der 60 entfernt, zweitens ist er unbestritten ein hevorragender Jurist. Im Rathaus fürchten ihn die Mitarbeiter gelegentlich wegen seiner Strenge. Seine fachliche Kompetenz loben hingegen alle.

Unter Bürgermeister Johannes Diks war er bereits Beigeordneter. Die Rede von der Notwendigkeit eines zweiten Beigeordneten gab es damals nicht. Mit dem Bürgermeisteramt für die SPD allerdings hat sich die Diskussion gedreht. Denn der nächste Beigeordnete käme natürlich von der SPD, weil die im Rat zweitstärkste Kraft sind.

Durchsetzen kann die SPD das allerdings nur mit der CDU. Und die hat signalisiert, dass sie so einer Entscheidung positiv gegenübersteht. Umgekehrt dürfte damit klar sein, dass die SPD der Wiederwahl von Stephan Wachs ebenfalls zustimmt.

Das schien nämlich eine Zeit lang gar nicht so sicher. Und wer weiß, ob die SPD nicht sogar eine Mehrheit dagegen hätte organisieren können. Aber so dürfte alles klar sein.

Finanziell hält sich die Belastung durch einen zweiten Beigeordneten vermutlich auch in Grenzen. Altersbedingt scheiden leitende und höher gruppierte Mitarbeiter im Rathaus aus. Und zwar in dem Bereich, den der Neue zu verantworten hätte: Soziales, Jugend und Schule.

Und so wären damit eigentlich alle zufrieden. Bis auf diejenigen vielleicht, die sich fragen, warum eine Stadt mit 30.000 Einwohnern eigentlich zwei Top-Jobs im Rathaus vergeben muss, getreu dem Motto: Zu viele Häuptlinge, zu wenig Indiaer. Dagegen ließe sich allerdings ein sachliches Argument ins Feld führen: Der Mann oder die Frau sollte Jurist sein. Die werden in einem Rathaus immer gebraucht.

(RP)
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