Emmerich Mehr Hilfe für die Kommunen - aber wo?

Emmerich · Die Steuereinnahmen sprudeln, doch bei vielen Kommunen kommt davon kaum etwas an, klagt der Städtetag. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mehr Hilfe versprochen - aber wo ist die nötig? Wir haben nachgefragt.

Lange muss Stefan Jaspers nicht suchen. Der Kämmerer der Stadt Kalkar ruft nur das Kommunalinvestitionsförderungsgesetz auf und fängt an, vorzulesen. "Lärmbekämpfung? Barriereabbau im öffentlichen Personennahverkehr? Luftreinhaltung? Das gibt es dringlichere Themen im Haushalt", sagt er. Die Liste geht so weiter, irgendwann hört Jaspers auf. "Eigentlich ist genug Geld für die Kommunen vorhanden", sagt er. "Aber die Spielregeln gehen nun mal anders." Da sei das Kommunalinvestitionsförderungsgesetz nur ein Beispiel. "Die Programme sind oft sehr stark maßnahmenbezogen und baulastig", sagt Jaspers. "Es wird zwar immer irgendwo nachgebessert, dafür läuft man dann anderswo wieder hinterher." Gleichzeitig steige der Aufgabendruck kontinuierlich.

Die Steuereinnahmen sprudeln, der Bund kann einen Haushaltsüberschuss von 5,4 Milliarden Euro nachweisen. Aber nur weil Finanzminister Wolfgang Schäuble derzeit auf einem prall gefüllten Geldsack sitzt, kommt dessen Inhalt noch längst nicht immer bei den Kommunen an. Allein der Investitionsstau der Infrastruktur der Städte und Gemeinden liege bei aktuell 126 Milliarden Euro, sagte die Städtetagspräsidentin Eva Lohse (CDU) bei der Hauptversammlung des Deutschen Städtetages jetzt in Nürnberg. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel war dort zu Gast und räumte ein, dass Verbesserungen nötig seien. Der Städtetag pocht vor allem auf mehr Mittel für Kitas, Schulen, Verkehr, Wohnungsbau und Integration. Die müsse flächendeckend besser ankommen, räumte auch Merkel ein: Es nütze nichts, zitierte sie den ehemaligen Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), "wenn es im Mittel eine ordentliche Temperatur ist, wenn es bei dem einen das tiefere Kühlfach und bei dem anderen ein heißer Ofen ist". Wohlgemerkt: Merkel hat im September noch eine Wahl zu gewinnen.

Fast alle Kommunen im Kreis Kleve kämpfen mit ihren Haushalten, können sie kaum ausgleichen. Beispiel Rees: Der Stadt haben in den letzten Jahren vor allem die ständig steigenden Ausgaben im Sozialbereich zu schaffen gemacht. Folge: Der "Sparstrumpf" der Stadt, die Ausgleichsrücklage, ist innerhalb weniger Jahre von rund sechs Millionen Euro (2012) auf fast Null geschrumpft. Kämmerer Andreas Mai macht dafür aber eher das Land als den Bund verantwortlich. "Es ist das Land, das für die finanzielle Ausstattung der Kommunen zuständig ist. Die letzte Landesregierung hat dabei vor allem den ländlichen Raum sehr vernachlässigt." Und dabei auch finanzielle Hilfen des Bundes nicht an die Gemeinden weitergegeben. So etwa die Integrationspauschalen Asyl. 434 Millionen Euro habe NRW vom Bund dafür bekommen, dieses Geld aber, anders als in anderen Bundesländern, nicht an die Kommunen weitergereicht. Dabei waren es genau jene Kosten für die Flüchtlinge, die Städten wie Rees die größten Sorgen bereiteten.

Geld vom Bund - Kämmerer Mai würde es gerne annehmen. Zum Beispiel für den Straßenbau, aber auch um mehr Freiräume für freiwillige Leistungen zu haben. Etwa für den Bau eines neuen Freibades, das derzeit in Rees in der Diskussion ist. Etwa zwei Millionen Euro könnte das die Stadt kosten. "Für uns ist das finanzielles Hochreck", sagt Mai. Und die Kunst, auch nichts viel zu machen. Denn problematisch ist in Rees auch das geringe Aufkommen an Gewerbesteuern. "Kommunen unserer Größe haben im Schnitt das Doppelte", sagt Mai.

Etwas anders sieht es in Emmerich aus. Die Stadt "lebt" von mehreren großen Unternehmen, die Millionen an Gewerbesteuer in die Stadtkasse einzahlen. Ein Grund mit, warum Kämmerer Ulrich Siebers die Finanzlage als "auskömmlich" bezeichnet. "Wir haben kein drastisches Defizit."

Und tatsächlich: Der Emmericher Haushalt ist zwar nicht ausgeglichen. Das heißt, dass die Ausgaben die Einnahmen der Kommune übersteigen. Doch das Defizit von einer Million Euro, mit dem Emmerich in diesem Jahr rechnet, lässt sich stopfen. In den Rücklagen befinden sich nämlich 10,5 Millionen Euro.

Dennoch gibt es etwas, mit dem Bund und Land helfen könnten. Die große Zahl an Menschen, die ohne Zahlungen der Stadt Emmerich nicht über die Runden kämen, ist hoch. Rund 1300 so genannte Bedarfsgemeinschaften gibt es. Die Zahl ist seit Jahren konstant hoch. Einfach auch deshalb, weil es schwer ist, nach "oben" zu kommen, wenn man erst einmal "unten" ist.

Die Menschen, die auf die finanzielle Hilfe angewiesen sind, können sich auf Gesetze berufen, die nicht die Stadt Emmerich macht, sondern der Bund. Schließlich ist die Sozialgesetzgebung eine Bundesangelegenheit. Die Lasten, die sich aus den Regelungen ergeben, tragen allerdings die Städte. Sie beklagen schon lange, dass Lasten "nach unten durchgereicht" werden.

Die Städte schließlich können sich am schlechtesten wehren.

(RP)
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