Fußball "Der SV Walbeck ist eine soziale Instanz"

Geldern · Der ehemalige Jugendleiter ist mit seinem Appell, den Flüchtlingen in Pont zu helfen, auf offene Ohren gestoßen. Die Walbecker haben jede Menge Sportausrüstung gespendet, nächste Woche starten Fußball-Training und Deutschunterricht.

 Ein ganzes Dorf hilft: Daniel Reitmeiter (r.) überreicht Walter Seefluth Schreibblöcke für den Deutschunterricht.

Ein ganzes Dorf hilft: Daniel Reitmeiter (r.) überreicht Walter Seefluth Schreibblöcke für den Deutschunterricht.

Foto: Gerhard Seybert

walbeck "Sie sind bald da ! Was ist zu tun ?" Unter dieser Überschrift richtete Walter Seefluth am 6. September in der Vereinszeitung Bergsteg-Kurier einen Appell an die Mitglieder des SV Walbeck, sich für die jungen Flüchtlinge zu engagieren, die im ehemaligen THW-Heim in Pont untergebracht sind. Der ehemalige Jugendleiter des Vereins hat damit im Spargeldorf eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst.

Fußball- und Turnschuhe, Trainingsanzüge, Trikots und Schreibunterlagen - die Walbecker sind Ihrem Aufruf gefolgt und haben fleißig gespendet. Hatten Sie mit einem solchen Erfolg ihrer Aktion gerechnet ?

seefluth Ich hatte darauf gehofft. Schließlich weiß ich, dass der SV Walbeck nicht einfach nur ein Sportverein ist. Es handelt sich um eine soziale Instanz im Dorf. Die Hilfsbereitschaft ist riesig. Jeden Tag kommen die Menschen zu mir und spenden etwas für die Flüchtlinge.

- Wie um seine Worte zu bestätigen, klopft es an der Tür. Daniel Reitmeier, Spieler der zweiten Mannschaft des SV Walbeck, bringt drei Pakete mit Schreibblöcken mit -

Sie haben nicht nur um Sachspenden, sondern auch um "Manpower" gebeten. Sind Sie mit diesem Wunsch ebenfalls auf offene Ohren gestoßen ?

seefluth Erfreulicherweise ja. Und das zieht sich durch die ganze Bevölkerung. Das reicht vom 18-jährigen Schüler, der beim geplanten Fußball-Training mitmacht, bis zum 70-jährigen Pensionär, der den Menschen die deutsche Sprache beibringt. Es handelt sich um etwa 15 Männer und Frauen. Wir treffen uns heute um 18 Uhr im Clubheim des VfL Pont. Wer helfen möchte, ist herzlich willkommen.

Der Walbecker Spieler Philipp Pertz hat Ihren Aufruf mit einem Fußball versehen, auf dem zwei reichende Hände abgebildet sind. Kann der Sport tatsächlich verbinden ?

Seefluth Speziell der Fußball hat ein hohes Integrationspotenzial. Das habe ich am eigenen Leib erfahren dürfen. Schließlich war ich selbst ein Flüchtlingskind. Meine Eltern mussten in den 50er Jahren die ehemalige DDR verlassen. Damals hat mir der FC Aldekerk geholfen, in der neuen Heimat Fuß zu fassen und Freunde zu finden. Dafür bin ich dem damaligen Jugendleiter Jupp Tillmanns dankbar, an den der Verein bis heute mit einer Sportwoche erinnert. Er hat sich seinerzeit sehr für mich und andere Flüchtlingskinder eingesetzt.

Wann starten die ersten Aktionen mit den Flüchtlingen in Pont ?

Seefluth In der nächsten Woche geht's los. Das Team vom Waldfreibad hat uns eingeladen, die Fußballgolf-Anlage zu nutzen. Das ist ideal zum gegenseitigen Kennenlernen. Dann soll auch das Fußball-Training starten. Der VfL Pont hat sofort zugesichert, dass wir die beiden Plätze nutzen dürfen. Und selbstverständlich soll auch der Deutschunterricht beginnen. Dann darf ich mich mal wieder wie ein Dorfschullehrer fühlen.

Rechnen Sie damit, beim Training das eine oder andere Talent zu entdecken ?

Seefluth Die Wahrscheinlichkeit ist recht groß, dass sich unter 50 jungen Männern im Alter zwischen 18 und 30 Jahren einige gute Spieler befinden. Doch ich muss den Vereinen in der Umgebung gleich sagen, dass sie nicht auf Verstärkungen hoffen dürfen. Denn die FIFA beharrt darauf, dass man weltweit nur bei einem Verein gemeldet sein darf. Und ein junger Syrer wird natürlich nicht seine Familie gefährden wollen, indem er in der Heimat ein entsprechendes Dokument anfordert.

Sie setzen im Gegenzug auch auf das Engagement der Flüchtlinge.

Seefluth Das ist richtig. Ich kann mir vorstellen, dass die Männer beispielsweise einige Arbeiten auf der Platzanlage des VfL Pont erledigen. Jeder Mensch freut sich doch, wenn er etwas zurückgeben kann. Das hat auch etwas mit Würde zu tun.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE VOLKER HIMMELBERG

(RP)
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