Goch/Niederrhein Einbruchserie geklärt - die Angst bleibt

Goch/Niederrhein · 85 Mal sollen zwei junge Albaner, die als Asylbewerber in Issum lebten, in Wohnungen am Niederrhein eingestiegen sein. Ein aufmerksamer Zeuge in Goch ermöglichte schließlich die Festnahmen. Eine Seniorin berichtet von dem Schock-Erlebnis.

 Einbruchsopfer Ursula Peters (links) mit einem der üblichen Tatwerkzeuge.

Einbruchsopfer Ursula Peters (links) mit einem der üblichen Tatwerkzeuge.

Foto: STADE / ARCHIV: Maurer

Bis vor einigen Monaten lebten die Anwohner des Gocher Katharinenwegs sehr gerne in ihren gepflegten Einfamilienhäusern. Seit etwa Weihnachten hat sich das geändert: Auch ausgesprochen resolute Frauen wie Ursula Peters schlafen seitdem schlecht und sind misstrauisch geworden.

Denn: Am Katharinenweg und in anderen gutbürgerlichen Gocher Wohngebieten hat es in der dunklen Jahreszeit eine Vielzahl von Einbrüchen gegeben. Zwei Männer, denen 40 Taten in Goch und 45 weitere in der Region angelastet werden, hat die Polizei inzwischen festgenommen. Ihre Angst überwunden haben Opfer wie die 80-jährige Ursula Peters deswegen aber noch lange nicht. Bei einer Pressekonferenz der Polizei sprach die Gocherin über das Erlebte und wie sie mit den Folgen umgeht.

85 Einbrüche zwischen November und März

 Polizei-Sprecher Manfred Jakobi und Chefermittler Christian Steinke-Schmickler (rechts) präsentierten Teile der gefundenen Beute.

Polizei-Sprecher Manfred Jakobi und Chefermittler Christian Steinke-Schmickler (rechts) präsentierten Teile der gefundenen Beute.

Foto: Stade, Klaus-Dieter (kds)

Zunächst zur Sache: Zwischen November 2015 und März 2016 verzeichnete die Polizei in Goch, Weeze (5), Bedburg-Hau (3), Aldekerk (4), Krefeld (1) und Wesel (33) 85 Einbrüche, die sich in der Art und Weise des Vorgehens der Täter sehr stark ähnelten.

Christian Steinke-Schmickler, der Leiter der Ermittlungskommission Wohnung, berichtet: "Meist wurden die Rollläden hochgeschoben und mit einem Holzstück am Fensterrahmen verkeilt. Mit einem in der Nähe aufgenommenen Stein wurde das Glas eingeworfen, dann stiegen die Täter durch das Fenster ein." Innerhalb nur weniger Minuten suchten sie gezielt nach Bargeld und Schmuck, eben nach allem, was sich schnell nutzen oder umsetzen ließ, und machten sich dann wieder aus dem Staub.

Zwei Männer wurden festgenommen

Einmal aber waren sie nicht schnell genug - oder der Zeuge war eben noch fixer: Der erwachsene Sohn eines Gocher Ehepaares, das ebenfalls am Katharinenweg wohnt, hörte aus seiner Souterrainwohnung ein verdächtiges Geräusch und rief ohne zu zögern die Polizei an. "Die Kollegen waren innerhalb weniger Minuten vor Ort und trafen auf dem Bürgersteig zwei Männer an, die sie anhielten, befragten und, nachdem sie bei ihnen Diebesgut feststellten, festnahmen." Es handelte sich um zwei 21- und 22-jährige Asylbewerber, die in einem Issumer Wohnheim lebten.

Das Heim, in dem die Männer in einem Fünf-Bett-Zimmer untergebracht waren, wurde allerdings, wie die Polizei feststellte, nicht als Lager genutzt. Ein Großteil der gestohlenen Gegenstände ist bislang nicht wieder aufgetaucht. Eingeräumt hat einer der beiden Albaner drei Einbrüche, der andere schweigt bisher. "Nach umfangreicher Polizeiarbeit, vielen durch den Erkennungsdienst gesicherten DNA- und sonstigen Spuren sind wir aber sehr sicher, den Männern die genannten Fälle zuordnen zu können", betont Polizei-Pressesprecher Manfred Jakobi.

Von Issum aus waren sie mit dem Bus nach Geldern gefahren, dort in den Niersexpress umgestiegen und sehr häufig in Goch ausgestiegen. Vom Bahnhof aus ging es dann zu Fuß weiter.

Verschlossene Wohnungstür

"Das ist ja meine Wohnung - und meine Uhr" rief gestern Ursula Peters, als sie die Polizei-Fotos sah. Mit Schrecken erinnert sie sich an jenen 28. Dezember, als sie mit ihrer achtjährigen Enkelin zum Spielen unterwegs war und sich bei der Heimkehr darüber wunderte, dass in ihrem eigenen Haus die Kette vorgelegt war. "Ich konnte nicht rein und lief sofort zu meiner Nachbarin, um sie zu fragen, was das zu bedeuten hatte."

Die Nachbarin, die übrigens an einem anderen Tag ebenfalls Einbruchsopfer wurde, hat einen Schlüssel. Aber sie war nicht im Haus und ahnte Schlimmes. "Sie griff sich ihren Golfschläger, nahm den Hund an die Leine, und dann gingen wir durch den Garten. Meine Enkelin fing an zu weinen, als wir die offene Terrassentür sahen. Und wie es erst dahinter aussah! Der ganze Fußboden voller Dreck, überall Glassplitter, die Schränke geöffnet, Sachen herausgerissen. Wir haben sofort die Polizei gerufen." Für Ursula Peters ganz schlimm: "Ich habe seitdem jedes Vertrauen verloren, habe mich sogar erkundigt, ob der Mann, der mich heute hierher gebeten hat, wirklich von der Polizei ist."

Abschließbare Fenster können Täter abhalten

Manfred Jakobi lächelt verständnisvoll. Die Nachbarin frage nun jeden Fremden, den sie in der Straße sehe, wo er hinwolle. Einen Termin bei Peter Baumgarten, der sowohl Opferschützer, als auch Technischer Berater bei der Kreispolizei ist, hat die Gocherin auch schon. Aber das rechte Zutrauen zu technischen Hilfen wie abschließbaren Fenstern und "Bremsen" auf den Jalousien habe sie nicht, auch, wenn solche Dinge es den Einbrechern ein wenig schwerer machen. "Wenn die wollen und glauben, dass es etwas zu holen gibt, lassen die sich nicht aufhalten", höre sie immer wieder.

Allerdings: Wenn der Einbruch zu viel Zeit verlangt, lassen die Täter häufig von ihrem Vorhaben ab, versichern die Polizisten und empfehlen derartige Maßnahmen.

Die beiden Serientäter, übrigens kokainabhängig, sitzen in Untersuchungshaft.

(RP)
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