Rund 100 Feuerwehrleute waren im Einsatz Großbrand legt Kraftwerk lahm

Rund 100 Feuerwehrleute waren im Einsatz · Von Wiljo Piel Das 2 400-Megawatt-Kraftwerk Frimmersdorf ist seit Donnerstag vom Netz: Ein verheerender Brand hat die Zentralwarte, das Nervenzentrum des Betriebs, zerstört. Die Schadenshöhe ist noch unbekannt, ebenso die Ursache. Mit Schaumkanonen und Spezial-Löschmitteln kämpften am Donnerstag 100 Feuerwehrleute gegen einen Brand im Frimmersdorfer Kraftwerk an. NGZ-Fotos (5): H. Jazyk

Von Wiljo Piel Das 2 400-Megawatt-Kraftwerk Frimmersdorf ist seit Donnerstag vom Netz: Ein verheerender Brand hat die Zentralwarte, das Nervenzentrum des Betriebs, zerstört. Die Schadenshöhe ist noch unbekannt, ebenso die Ursache. Mit Schaumkanonen und Spezial-Löschmitteln kämpften am Donnerstag 100 Feuerwehrleute gegen einen Brand im Frimmersdorfer Kraftwerk an. NGZ-Fotos (5): H. Jazyk

Menschen wurden nicht verletzt. Rund 100 Feuerwehrleute waren am Donnerstag fast zehn Stunden im Einsatz, gegen 11 Uhr war der Brand unter Kontrolle. Laut Polizei gibt es zurzeit keine Anhaltspunkte für eine Straftat. Frimmersdorf Die Zentralwarte ist das Nervenzentrum des Kraftwerks. In dem roten Backsteingebäude laufen sämtliche Fäden des Betriebs zusammen. Die gewaltigen Blöcke mitsamt der Rauchgasentschwefelung werden dort ebenso gesteuert wie die komplette Telefonleitung des Werks. Aus dem mit einer Hand voll Männer besetzten mehrstöckigen Haus wurde Donnerstag, kurz nach Mitternacht, der Brand eines Büros gemeldet. Ein Fall für die Werksfeuerwehr: Die Einsatzkräfte rückten an, löschten die Flammen und zogen wieder ab. "Feuer aus", hieß die Meldung - doch der Schein trog. Kurz nach ein Uhr entfachte der Brand wieder.

Diesmal griff das Feuer rasch um sich, zog die gewaltigen Schaltkästen in Mitleidenschaft, in denen mehrere tausend Meter Kabel zusammenlaufen. Die Lage war ernst: Stephan Schwenker, bei RWE Power für den Brandschutz verantwortlich, zog die Feuerwehren aus den Kraftwerken Neurath und Frimmersdorf, aus dem Tagebau Garz-weiler und der Hauptwache in Frechen zusammen - rund 50 Einsatzkräfte machten sich auf den Weg. In der gleicher Größenordnung rückten gegen 3.30 Uhr Feuerwehrleute aus den Städten Grevenbroich, Neuss und Bedburg an, mitsamt Schaumkanonen und drei Drehleitern. Großeinsatz! Das Feuer hatte unmittelbare Auswirkungen: Es legte die gesamte Stromversorgung des Betriebs lahm, ebenso die Bekohlungsanlagen sowie die Wasserversorgung, die auch das benachbarte Kraftwerk Neurath beliefert. "Wir haben daraufhin alle elf Kraftwerksblöcke in Frimmersdorf nacheinander abgeschaltet. 2 400 Megawatt wurden vom Netz genommen", erklärt Unternehmenssprecher Guido Steffen.

Die öffentliche Stromversorgung war davon nicht tangiert: Während Frimmersdorf "abknipste", stellten die Mitarbeiter der RWE-Schaltwarte in Brauweiler die notwendigen Weichen - andere Kraftwerke sprangen für den brennenden Giganten ein, übernahmen dessen Leistung. Für die städtischen Feuerwehren übernahm Kreisbrandmeister Reinhard Seebröker die Leitung bei den Löscharbeiten im Kraftwerk. Seine Einschätzung: "Eine schwierige Lage. Einige tausend Meter Kabel, die auch in Zwischenböden verlegt wurden, sind nicht leicht zu beherrschen. Hinzu kommt die starke Rauchentwicklung. Unsere Leute sehen die Hand vor Augen nicht und müssen den Brand unter Atemschutz bekämpfen. Das ist sehr anstrengend", erklärte er gegenüber der NGZ. Wegen des dichten Qualms orderte Seebröker den Luftmesswagen der Dormagener Feuerwehr. Zwischen Frimmersdorf und Allrath wurden Messpunkte eingerichtet, zusätzlich wurde ein Polizeihubschrauber zur Beobachtung der Rauchentwicklung eingesetzt. "Die Werte lagen unter der Gefährdungsgrenze.

Durch den relativ starken Wind wurde der Rauch über die Vollrather Höhe geweht, besiedelte Räume waren nicht betroffen. Es gab keine Veranlassung, die Bevölkerung zusätzlich zu warnen", so Seebröker weiter. Zusätzliche Messungen wurden vom Landesumweltamt in Essen vorgenommen. "Als unsere ersten Kräfte eintrafen, waren viele Bereiche des Gebäudes völlig verraucht. Wir haben intensiv mit der Brandbekämpfung begonnen und dachten, dass wir das Feuer sauber in den Griff bekommen", schildert der Kreisbrandmeister. Als die Flammen schon beinahe gelöscht waren - irgendwann zwischen vier und fünf Uhr -, kam es plötzlich zu einer Durchzündung. "In einem schwer zugänglichen Bereich brach das Feuer wieder aus", erklärt Rudolf Seebröker. Die Feuerwehr griff massiv mit Hilfe von Schaumkanonen an und orderte von den Kollegen aus Viersen ein Speziallöschmittel: Hydrex, das in Verbindung mit Wasser zum Gel aufquillt, eine schnelle Rückzündung verhindert und das Brandgut schwerer entflammbar macht.

Gegen 11 Uhr war der Einsatz beendet, die Flammen gelöscht. Die Ursache des Feuers ist noch ungeklärt. "Die Ermittlungen laufen, sie werden sicherlich noch einige Zeit lang andauern", erklärte Unternehmenssprecherin Stephanie Schunck auf Anfrage der NGZ. Neben hauseigenen Spezialisten von RWE Power wurden auch unabhängige Ermittler einbezogen; die Staatsanwaltschaft ordnete den Einsatz eines Brandsachverständigen an. "Zum Schadensumfang können ebenfalls noch keine Angaben gemacht werden - auch hier wird noch analysiert", so Schunck weiter: "Erst danach kann die Höhe des entstandenen Sachschadens beziffert werden". Wann die einzelnen Blöcke zur Stromerzeugung wieder zur Verfügung stehen, ist derzeit noch unklar: "In den nächsten Tagen werden wir mehr wissen, unsere Spezialisten arbeiten derzeit fieberhaft an einer Lösung."

Die Wasseraufbereitungsanlage des Kraftwerks Frimmersdorf konnte im Verlauf des gestrigen Nachmittags mit Hilfe von Notstrom-Aggregaten wieder in Betrieb genommen werden. "Diese Maßnahme dient dazu, Beeinträchtigungen der Stromerzeugung aus dem Kraftwerk Neurath aufzufangen", so Schunck. Nach Angaben von Polizeisprecher Hans-Willi Arnold gibt es "bislang keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat". Rudolf Seebröker schließt technisches Versagen nicht aus: "Durch die Kabel der Zentralwarte laufen ungeheure Mengen an Strömen, die Wärme erzeugen. Ein Schwelbrand ist da nicht auszuschließen", so eine Prognose des Kreisbrandmeisters. Bericht Energie-Ausgleich. . . Bericht Vier Fragen. . .

(NGZ)
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