Grevenbroich Historischer Buch-Schatz aus Schloss Dyck

Grevenbroich · Vor 25 Jahren wurde die wertvolle Bibliothek von Schloss Dyck bei einer Auktion ausverkauft und der Bestand in alle Winde zerstreut. Die Bedburdyckerin Ellen Ohlmann hat eine Kostbarkeit bewahrt.

 Den Storchen stellt Jean Grandville als den Präsidenten dar.

Den Storchen stellt Jean Grandville als den Präsidenten dar.

Foto: Gundhild Tillmanns

Als ein echtes Kind vom Dycker Land ist Ellen Ohlmann sozusagen im Park von Schloss Dyck groß geworden. "Bis zum Tode von Fürstin Cecilie war der Park noch fast ohne Eintrittsgeld für alle offen. Der Schlosspark war für mich als Kind der Ort, wo alle meine Märchen stattfanden. Da gab es den Weiher für den Froschkönig und den Wald für Hänsel und Gretel", erinnert sich die pensionierte Lehrerin, die später in der wertvollen und bis auf ganz wenige Ausnahmen unzugänglichen Bibliothek von Schloss Dyck ihren "Ort zum Träumen" fand.

Umso größer war für Ellen Ohlmann der Schock, als genau vor 25 Jahren die wertvolle Bibliothek bei einer Auktion in Köln unter den Hammer kam und die Sammlung in alle Welt zerstreut wurde. Ein wertvolles Buch mit dem Titel "Staats- und Familienleben der Tiere", 1846 von Jean Ignace Isidore Gérard Grandville mit spitzer Feder illustriert, mit Texten von Honoré de Balzac, Alfred de Musset und George Sand, hat sich Ellen Ohlmann damals sichern können. Und sie hütet es bis heute als einen besonderen Erinnerungsschatz sowohl an die Bibliothek, als auch an ihre Kindheit "im Schatten" von Schloss Dyck.

 Diese Konferenz der Vogeldamen ist eine der hintersinnigen Illustrationen aus "Staats- und Familienleben der Tiere" von Jean Grandville.

Diese Konferenz der Vogeldamen ist eine der hintersinnigen Illustrationen aus "Staats- und Familienleben der Tiere" von Jean Grandville.

Foto: gt

Nunmehr 25 Jahre nach der Auflösung der Schlossbibliothek, die aus mehr als 16.000 Werken bestanden haben soll, versucht der Archivar von Schloss Dyck, auf mühsamen Wegen zumindest einige Bücher wieder zurückzuholen. Und wie berichtet wird aktuell ein kleiner Teil der 650 Bücher umfassenden französischen Literatur in der ehemaligen Schlossbibliothek ausgestellt, die Fürstin Constance gesammelt hatte. Ellen Ohlmann hat die fürstliche Bibliothek noch als einen Ort in Erinnerung, der nur mit Filzpantoffeln zum Schutz der Parkettböden und unter Aufsicht eines Hofmeisters betreten werden durfte: "Anfassen durfte man gar nichts, die Bücher standen saalhoch hinter Glas. Ich habe die wunderschönen Einbände aus feinem Leder und Gold bewundert", erzählt sie und sagt: "Ich kann mich bis heute an den besonderen Duft erinnern, der die Bibliothek umgab. Es duftete dort nach Holz und Leder." Nur besondere Fachleute und Forscher hätten damals die Bücher auch anfassen dürfen - "natürlich nur mit weißen Handschuhen, wie uns erzählt wurde". Doch dann kam der zweite große Schock für die heimat- und literaturaffine Bedburdyckerin: "Da standen all die wertvollen Bücher, die vorher niemand anfassen durfte, in Köln bei dem Auktionator in einem unansehnlichen Lagerraum auf schäbigen Metallregalen. Jeder durfte sie anpacken und achtlos wieder wegstellen. Die vorher so wertvollen Bücher aus dem Schloss kamen mir in Köln in dem Keller wie Ausgestoßene vor", erzählt Ohlmann, die auch den Auktionskatalog und das Plakat noch aufbewahrt hat.

Besondere Freude bereitet ihr aber das dicke alte Buch mit den vielen Illustrationen, das sie bei der Auflösung der Schlossbibliothek vor 25 Jahren für sich hat retten können. Während das teuerste Werk, eine mittelalterliche Handschrift, für eine Million D-Mark versteigert wurde, hat Ohlmann ihren bibliophilen Schatz damals für 500 Mark mit nach Hause nehmen können. Und die Rentnerin wundert sich immer wieder neu, wie zeitgemäß die Karikaturen und Texte dieses Werkes aus dem Jahr 1846 auch heute noch oder wieder sind.

 Den vorwitzigen Vogel befördert der Karikaturist zum Feldwebel.

Den vorwitzigen Vogel befördert der Karikaturist zum Feldwebel.

Foto: Gundhild Tillmanns
 Ellen Ohlmann

Ellen Ohlmann

Foto: M. Reuter

Denn die Themen (Presse)-Freiheit, Unabhängigkeit, Emanzipation, die Grandville, Balzac, Musset und Sand in Bild und Wort behandelten, seien auch zum Beispiel beim Blick auf die heutige Türkei noch genauso so aktuell und brisant, stellt Ohlmann fest. Unwiederbringlich vergangen ist für sie aber der Schlosspark mit blühenden Wiesen, wo alle Bürger Blumen pflücken duften, mit dem zugefrorenem Weiher, auf sich im Winter alle zum Eislaufen trafen: "Und manchmal konnten wir zu Hause auch erzählen, dass wir die fürstliche Familie auf der Terrasse gesehen hatten, von weitem, jenseits des Burggrabens."

(NGZ)
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