Denkmäler in Korschenbroich Küssen verboten - Kapelle umgebaut

Korschenbroich · Dass sich Liebespärchen dort heimlich trafen und Jugendliche Passanten aus dem Hinterhalt erschreckten, gefiel der Kappellengemeinschaft gar nicht. Darum wurde die Nische bei Renovierungsarbeiten der Maria-Hilf-Kapelle entfernt.

 Sie ist fest im Kleinenbroicher Dorfleben verankert: Die Maria-Hilf-Kapelle an der Konrad-Adenauer-Straße/Ecke Friedhofsweg.

Sie ist fest im Kleinenbroicher Dorfleben verankert: Die Maria-Hilf-Kapelle an der Konrad-Adenauer-Straße/Ecke Friedhofsweg.

Foto: Detlef Ilgner

Eine kleine Nische bietet ungeahnte Möglichkeiten: Sei es, dass ein Liebespaar hier versteckt vor den Blicken der Öffentlichkeit einen ersten Kuss austauschen kann. Oder Jugendliche aus dem Hinterhalt heraus Passanten erschrecken können. Möglichkeiten gibt es viele. Dass sich so eine Nische gerade im Eingangsbereich der Maria-Hilf-Kapelle befand, gefiel der Kleinenbroicher Kapellengemeinschaft jedoch gar nicht.

Das war in den 1950er Jahren gewesen. Andrea Tillmanns, die heute in der Kapellengemeinschaft aktiv ist, kennt diese Geschichten nur noch vom Hörensagen. Doch als die Kapelle damals gründlich renoviert wurde, vergrößerte man den Innenraum und verlegte die Eingangstüre an ihren jetzigen Platz. Die Nische jedenfalls war weg. "Wer die Kapelle einst erbaut hat, weiß man heute nicht mehr", sagt Andrea Tillmanns.

Vermutlich wurde sie im Zuge der Marienfrömmigkeit errichtet, die typisch ist für das 19. Jahrhundert. Ab dem 17. Jahrhundert wurden Gebete zur Maria im Mai üblich, bis sich diese Andachtsform im 19. Jahrhundert in der katholischen Kirche durchsetzte. So viel steht fest: Der Grundstein wurde am 17. April 1890 gelegt. Noch Ende des gleichen Jahres riefen Nachbarn die Kapellengemeinschaft "Maria Hilf" ins Leben, die bis heute besteht - und deren Vorstand sich um die Belange der Kapelle kümmert. Was viele Kleinenbroicher vermutlich nicht wissen: Wer südlich der Bahnlinie wohnt, ist automatisch Mitglied der Kapellengemeinschaft.

Eine Familie ist von Beginn an in der Kapellengemeinschaft vertreten: Andrea Tillmanns und ihre Vorfahren. Ihr Ur-Urgroßvater Gerhard Meyer stellte das Grundstück einst kostenlos bereit, ihre Oma häkelte Decken für den Altar und ihr Vater Franz Ferfers begleitete 1981 die letzte umfangreiche Renovierung. Die war nötig geworden, nachdem ein Sturm das Turmkreuz samt Wetterhahn vom Dach der Kapelle geweht hatte. Heute kann Andrea Tillmanns aus dem Wohnzimmerfenster auf die Kapelle blicken: "Das Gotteshaus spielt eine große Rolle in unserer Familie", sagt sie.

Doch eines ist ihr wichtig: Dass sich mit Rita und Arthur Heinz, Christa und Andreas Kallen sowie Horst Nilges auch weitere Nachbarn aktiv um die Kapelle kümmern. Ihr Mann Peter Tillmanns verwahrt das historische Kassenbuch von 1890 und damit das einzige Dokument aus dieser Zeit. Fein säuberlich sind dort in Sütterlin die Ausgaben aufgelistet. Die Worte "Opferstock" und "Altar" lassen sich heute nur mit Mühe entziffern. Besser lesbar ist ein späterer Eintrag: "1923 konnte keine Aufstellung über Einnahmen und Ausgaben gemacht werden, weil alles der Inflation zum Opfer gefallen ist." Vor zwei Jahren feierte die Kapellengemeinschaft das 125-jährige Bestehen der Kapelle. Fast 100 Nachbarn waren zum Gottesdienst gekommen. Für Andrea Tillmanns ist gewiss: "Die Kapelle ist fest im Kleinenbroicher Dorfleben verankert."

(NGZ)
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