Grevenbroich Wie "schwache" Mädchen mutig werden

Grevenbroich · Im Selbstbehauptungskursus lernen die Mädchen, selbstbewusst zu werden, sich zu wehren - und auch zu brüllen wie ein Löwe.

Nicht scheu zu sein wie ein Häschen, sondern stark wie ein Löwe: Das lernen die Kinder im Selbstbehauptungskursus des Turnverein Jahn. Dort erfahren sie: Sich erfolgreich zur Wehr zu setzen, hat nichts mit der Körpergröße zu tun. Drei Tage lang lernen die Zehn- bis 13-Jährigen in der Turnhalle des Erftstadions, wie sie sich verteidigen und selbstbewusst auftreten.

"Es geht in den Kursen nicht darum, komplizierte Kampftechniken zu lehren", sagt Sigrid Keil, die den Kursus "Selbstbehauptung und Selbstverteidigung für Mädchen" leitet. "Wichtig ist, dass die Mädchen schon durch ihre Körpersprache zeigen, dass sie keinesfalls schwache Wesen sind. Aufrechte Körperhaltung, Brust raus, Kopf hoch, direkter Blickkontakt - allein dadurch signalisieren sie Stärke."

Die Kinder lernen auch, wie sie Gefahren vorbeugen. "Wir stellen etwa die Situation nach, dass ein Sitznachbar im Bus einem Mädchen zu nahe kommt", erklärt Keil. Jeder habe eine "innere Alarmanlage", die signalisiert, dass eine Situation sich seltsam anfühlt. "Auf diesen Alarm sollte jeder hören und reagieren: laut werden und auf sich aufmerksam machen, den Sitzplatz wechseln", sagt die 72-jährige. Gerade Sexualstraftäter würden sich jemanden aussuchen, der still sei und wehrlos wirke. Natürlich sei ein Mädchen einem erwachsenen Mann körperlich immer unterlegen, dennoch könne es sich wehren. "Ich übe mit den Mädchen hier auch, richtig laut zu schreien, das ist die äußere Alarmanlage", so Keil, die sich 1998 zur Übungsleiterin Selbstbehauptung für Mädchen beim Landessportbund ausbilden ließ.

Auch im Alltag der Mädchen gibt es genügend Situationen, in denen sie sich behaupten müssen. Mobbing auf dem Schulhof wegen fehlender Markenklamotten oder körperliche Angriffe von Jungs - das kennen auch die Teilnehmerinnen. Ein paar Techniken, wie der Judo-Wurf, stehen daher auch auf dem Programm. Deutlich zeigt Sigrid Keil den Mädchen, welche Kraft in ihnen steckt. "Die haben wir mit den Händen durchgeschlagen", sagt eine Teilnehmerin und zeigt stolz ein durchbrochenes Holzbrett. "Man muss sich nur vorstellen, dass man etwas treffen will, was unter dem Brett liegt, dann geht es einfach." Für Sigrid Keil ist es besonders schön, wenn sie Veränderungen im Laufe des Kurses sieht: "Anfangs trauen sich viele nicht, ihre Stimme zu erheben, am Ende können sie richtig laut schreien."

Auch Katja Fleischer, deren Tochter den Selbstbehauptungskursus besucht, ist von einem positiven Effekt überzeugt: "Ich wurde von meiner Tochter schon auf die Matte gelegt", erzählt sie lachend. "Ich finde es wichtig, dass die Kinder hier etwas im wahrsten Sinne Handfestes lernen. Es ist ein gutes Rüstzeug, das das Selbstwertgefühl steigert."

(suzo)
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