Hilden Kreis hat noch kein Mittel gegen Wunderheiler

Hilden · Hildener Apotheker: "Wir sind alle entsetzt." Kreisgesundheitsamt kündigt fürs nächste Jahr strikte Überprüfungen an.

Dr. Jürgen Wunderlich ist empört. Der Hildener ist Sprecher der Apotheken im Südkreis, also Hilden, Haan, Langenfeld und Monheim. Dass ein Apotheker in Bottrop personalisierte Medikamente gegen Krebs gepanscht haben soll, das "entsetzt alle aus unserem Berufsstand. Das ist schon Wahnsinn." Auf dieses Thema haben den Hildener Apotheker auch schon Kunden angesprochen, "vor allem Angehörige von Krebspatienten". "Es ist Angst da", hat Wunderlich beobachtet.

Gerne erläutert er dann, dass sich sein Betrieb an die gesetzlichen Vorschriften hält, denen zufolge bei der Herstellung von Infusionen stets zwei Apotheker anwesend sein müssen. "Jeder Kunde kann nachfragen, ob er sich das einmal anschauen kann", rät Wunderlich. Apotheker, die auch sonst nicht seriös arbeiten, sollten nicht mit der Herstellung von Medikamenten beauftragt werden. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn Apotheker sonst rezeptpflichtige Medikamente auch ohne Rezept abgeben.

Im Grenzbereich der Medizin ist eine wirksame Kontrolle schwierig bis unmöglich. Das sagte der Leiter des Kreisgesundheitsamtes, Dr. Rudolf Lange, am Mittwochabend den Mitgliedern der "Kommunalen Konferenz Gesundheit, Alter, Pflege". Könnte der Kreis Mettmann verhindern, dass ein Heilpraktiker mit offenbar nicht zugelassenen Arzneien Krebspatienten behandelt und diese anschließend sterben? So lauten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen einen Heilpraktiker in Brüggen-Bracht. Und könnte der Kreis Mettmann eingreifen, falls ein Apotheker personalisierte Medikamente gegen Krebs nicht nach Vorschrift mischt - so wie laut Anklage in Bottrop geschehen? Lange machte deutlich, dass er auf beide Fragen derzeit mit einem "Nein" antworten muss.

Dabei soll seine Behörde die Einhaltung von Vorgaben und Standards ab dem nächsten Jahr strikter überprüfen. Wie das gehen soll, sei unklar, sagte Dr. Lange. Zu den angeblich bis zur Wirkungslosigkeit gepanschten Krebsmedikamenten aus der Alten Apotheke in Bottrop läuft derzeit das Gerichtsverfahren. Es geht dort - neben strafrechtlichen und ethischen Fragen - um einen Streitwert von 65 Millionen Euro. "In diesem Bereich werden Wirkstoffe verwendet, die vier-, teilweise fünfstellige Summen kosten", erläuterte Dr. Lange.

Anders als bei der Herstellung von Lebensmitteln gebe es in den Apotheken keine Rückstellproben, die im Zweifelsfall überprüft werden könnten. Die Medikamente würden für den einzelnen Krebspatienten zielgenau und frisch gemischt. Es fehlen bisher alle Verfahren, diese hoch spezialisierten Herstellungsprozesse wirksam zu kontrollieren, so Lange. Einziger Lichtblick: Es gebe derzeit im gesamten Kreis Mettmann nur eine internistische Gemeinschaftspraxis mit zwei Standorten und zwei Apotheken, die auf diesem Gebiet tätig seien; also eine derzeit sehr überschaubare Zahl von Handelnden. Und die seien kooperativ.

Heike Kraft erklärte im Namen der Apothekerkammer, dass es leider immer und überall schwarze Schafe geben könne. Und der Leiter des Gesundheitsamtes fasst seine Bedenken gegen den Zuwachs an Aufgaben für das Kreisgesundheitsamt so zusammen: "Mehr Kontrollen lösen an dieser Stelle die Probleme sicherlich nicht!"

(RP)
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