Hückelhoven Mit Demenz natürlich umgehen

Hückelhoven · Wie geht man mit dementen Menschen im Alltag um? Das erfahren Verwaltungsmitarbeiter und ein Pfarrer im Projekt der St.-Gereon-Seniorendienste.

 Mit Seminaren wollen Pflegeschülerinnen und -schüler aus Haus Berg sich für die Integration Demenzkranker einsetzen. Tenor: "Der Demente hat das Problem nicht. Das Problem sind wir. Daran müssen wir arbeiten."

Mit Seminaren wollen Pflegeschülerinnen und -schüler aus Haus Berg sich für die Integration Demenzkranker einsetzen. Tenor: "Der Demente hat das Problem nicht. Das Problem sind wir. Daran müssen wir arbeiten."

Foto: BUSCH (ARCHIV)

"Behinderte mit auffälligem Verhalten sind früher verschämt versteckt worden. Heute sind sie in der Gesellschaft angekommen", weiß Bernd Bogert, Leiter der Brachelener Senioreneinrichtung St. Gereon. Einen unbefangenen Umgang wünscht er sich auch für demente Menschen in der Öffentlichkeit. Berührungsängste abbauen, Verständnis für die Sichtweise verwirrter Senioren und eine Haltung entwickeln, die deren Anderssein nicht "zurechtrücken" will, das sind Ziele des neuen Projekts "dement-sprechend", mit dem Schülerinnen und Schüler aus der Altenpflege Interessierte aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens schulen möchten. Auftakt ist am 13. September im Hückelhovener Rathaus mit Verwaltungsmitarbeitern, Bürgermeister Bernd Jansen und Pfarrer Georg Kaufmann.

"Es wird immer mehr alte und demente Menschen geben", sagt Bogert. Und Ausbildungsleiterin Manuela Garbrecht appelliert: "Die müssen wir integrieren, ihre sozialen Kontakte sollen möglichst beibehalten werden. Dazu gehört, Menschen für Demenz zu sensibilisieren." Garbrecht initiierte das Projekt, das sich auch an Einzelhändler und Nahversorger richtet. Sie schildert eine Szene, die sie an einer Supermarktkasse beobachtete: "Eine alte Dame legte zwölf Päckchen Butter aufs Band. Sie hielt inne und sagte dann, eigentlich wollte sie nur zwei." Da habe die Verkäuferin laut geschimpft. Die erschrockene Frau ergriff die Flucht. "Wenn man sie bloßstellt und ihre Unfähigkeit rausbrüllt, führt das zum Rückzug", sagt Garbrecht. Demente seien sich keiner "Schuld" bewusst, betont sie. "Wenn man ihnen negativ gegenübertritt, können sie sich das nicht erklären. Aus seiner Sicht verhält sich der demente Mensch immer richtig." Daher muss sich eine Tochter nicht "fremdschämen", wenn Mutter im Restaurant mit den Fingern isst. "Für Angehörige hat das viel mit Aushalten zu tun", erklärt die Ausbildungskoordinatorin. Und es geht um Haltung: "Ich muss überzeugt sein, dass es funktioniert, wenn ich Dementen ihren eigenen Raum lasse und nicht versuche, sie in meinen Raum zu ziehen."

In der Schulung geht es praxisnah um Alltagssituationen, auch in Rollenspielen. Verständnis wächst auf emotionaler Basis, wenn jemand das Gefühl hinter irritierendem Verhalten erspürt. Eine Seniorin im Supermarkt hat etwas in die Tasche gesteckt - wie fühlt sie sich, wenn jemand sagt: Du lügst, Du hast gestohlen? "Man könnte auch sagen: Da hat Ihnen jemand was in die Tasche gesteckt. Wollen wir mal nachschauen?", schlägt Garbrecht eine positive Ansprache vor. Ein alter Mensch ruft nach Mama, will nach Hause - der Wunsch nach Wärme, vertrauter Umgebung und Sicherheit steckt dahinter. Wer versucht, etwas selbst zu fühlen, kann es besser verstehen. "Menschen mit Demenz müssen sich in der Gesellschaft bewegen können wie andere auch", fordert Manuela Garbrecht.

(gala)
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