Kaarst Fall Daniel D.: Der Täter meldet sich zu Wort

Kaarst · Drei Briefe hat die Mutter von ihrem Sohn erhalten, seit das Landgericht den 29-Jährigen wegen Totschlags an seinem Cousin verurteilt hat.

Im August wurde der Sportstudent wegen Totschlags verurteilt.

Im August wurde der Sportstudent wegen Totschlags verurteilt.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Es sind Botschaften eines verurteilten Straftäters an seine Mutter. Drei Briefe hat die 62 Jahre alte Korschenbroicherin von ihrem Sohn erhalten, seit das Landgericht Düseldorf den mittlerweile 29-Jährigen im August zu zehn Jahren Haft wegen Totschlags an seinem Cousin verurteilt hat. Jeden einzelnen empfindet die Familie als reinen Hohn. "Unser Neffe spricht von einer zweiten Chance, die ihm zustehe", sagt Klaus D., der Vater des getöteten Daniel D. ( 35). "So eine Aussage ist für uns schwer zu ertragen. Unser Sohn bekommt schließlich auch keine zweite Chance!"

Die Nachrichten aus dem Gefängnis enthalten viel Verstörendes: Vorwürfe gegenüber der Öffentlichkeit ("... ich hoffe, dass Du diesen scheiß Presserummel und den Spott der Leute einigermaßen überstanden hast!"), gegenüber Tante und Onkel ("... kann ich mir vorstellen, dass Onkel Klaus dir sehr aggressiv in den Ohren liegt ..."), gegenüber der eigenen Mutter ("... dass Du mich so hängenlässt ..."). Eine Erklärung für das, was am Abend des 11. Dezembers zwischen 22 und 22.15 Uhr am Rande der K 37 bei Büttgen geschehen ist, liefern sie (noch) nicht.

Erst kurz vor Ende des Prozesses hatte der Sportstudent, der bis zu seiner Verhaftung im Januar als Aushilfssportlehrer an einem Willicher Gymnasium beschäftigt war, zugegeben, für den Tod seines Cousins verantwortlich zu sein. Daniel D. wurde mit einem schweren, scharfkantigen Gegenstand mit unzähligen Schlägen der Schädel zertrümmert. Rettungskräfte fanden ihn damals mit dem Gesicht im Gras neben seinem Auto liegend. Zu Tatwaffe und -motiv äußerte sich der 29-Jährige nicht.

Daniel D. (l.) und sein Cousin wuchsen wie Brüder auf. Die Eltern des Getöteten hoffen, dass sich womöglich doch noch Tatzeugen melden.

Daniel D. (l.) und sein Cousin wuchsen wie Brüder auf. Die Eltern des Getöteten hoffen, dass sich womöglich doch noch Tatzeugen melden.

Foto: hjba, nn

Hilde und Klaus D., die im Prozess als Nebenkläger auftraten, gehen davon aus, dass ihr Neffe die Tat geplant, ihren arglosen Sohn unter Androhung seines eigenen Selbstmords zum Tatort nahe des Büttgener S-Bahnhofs gelockt und heimtückisch ermordet hat. Gegen die Entscheidung des Landgerichts, das die juristische Aufarbeitung des Falles nach neun Verhandlungstagen als erschöpft ansah, haben sie Revision eingelegt.

"Aus unserer Sicht gibt es nur zwei mögliche Motive", sagt Klaus D. "Die Sache an der Schule oder die Sache an der Uni." Die Staatsanwaltschaft Wuppertal ermittelt gegen den 29-Jährigen derzeit wegen des Verdachts der Bestechung. Von einer Dozentin soll er sich Studienbescheinigungen gegen Sex erschlichen haben. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf prüft zudem, ob sich der Korschenbroicher des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen schuldig gemacht hat. Gegen den Sportlehrer, der zwar eine feste Beziehung, aber auch viele Affären hatte und auf seinem Computer Nacktfotos von Schülerinnen hortete, wurde auch wegen Vergewaltigung einer Internet-Bekanntschaft ermittelt. Das Verfahren ist mittlerweile eingestellt. "Es könnte eine Menge junger Frauen geben, denen er in der Vergangenheit zu nahe getreten ist", mutmaßt Klaus D. Regelmäßig habe der Student Schülerinnen unter der Androhung schlechter Noten zu sich nach Hause bestellt. Der Leitung der Schule, an der sein Neffe beschäftigt war, wirft der 68-Jährige vor, nicht konsequent genug nachgefragt und gehandelt zu haben, als im Jahr 2011 erste Missbrauchsvorwürfe gegen den Lehrer laut wurden. "Damit", sagt Klaus D., "hätte womöglich damals schon vieles verhindert werden können. Vielleicht wusste Daniel über die dunklen Seiten seines Cousins Bescheid. "

Prozessauftakt im Fall Daniel D. aus Kaarst
5 Bilder

Prozessauftakt im Fall Daniel D. aus Kaarst

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Rechtsanwalt Bernd Kretschmann, der juristische Beistand des Ehepaars D., wirft den Richtern am Landgericht vor, mögliche Mordmerkmale, insbesondere das der Heimtücke, im Gesamtzusammenhang nicht ausreichend gewürdigt zu haben. Schließlich, sagt er, gebe es Hinweise darauf, dass der Tatvorsatz nicht spontan vor Ort gefasst wurde, "auch, wenn das Tatmotiv nicht zu ermitteln war". Fakt ist: Solange das Verfahren nicht abgeschlossen ist, wird der 29-Jährige wohl zu seinen Beweggründen schweigen. "Wenn das Urteil rechtskräftig ist, dann erzähle ich dir/euch gerne alles ...", hat er seiner Mutter geschrieben.

(NGZ)
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