Kempen Jäger der versteinerten Schätze

Kempen · In Waldniel treffen sich Sammler von Mineralien und Fossilien regelmäßig zum Fachsimpeln. In Steinbrüchen und Kiesgruben finden sie Stücke, die vor ihnen nie ein Mensch berührt hat — Mammutknochen zum Beispiel.

 Die Kempener Karl-Erich Heise (v.l.) und Rainer Scheithauer und die Schwalmtaler Manfred Korthals und Horst Gerhardts mit Ammoniten. Bei bearbeiteten Stücken schimmert die Perlmutt-Schicht in allen Farben des Regenbogens.

Die Kempener Karl-Erich Heise (v.l.) und Rainer Scheithauer und die Schwalmtaler Manfred Korthals und Horst Gerhardts mit Ammoniten. Bei bearbeiteten Stücken schimmert die Perlmutt-Schicht in allen Farben des Regenbogens.

Foto: Ronge

Sie sehen aus wie kleine Schnecken, die im Stein stecken. Jahrmillionen alt, festgehalten für die Ewigkeit. Diese Schnecken nennt man Ammoniten. Sie gehören zu den Stücken, die Mineralien- und Fossiliensammler finden, wenn sie in Steinbrüchen auf die Jagd nach Schätzen gehen. Ammoniten sehen wie Schnecken aus, sind aber keine: Sie gehören zur Gruppe der Kopffüßer. Vor 66 Millionen Jahren sind sie ausgestorben. Solche Dinge wissen die Sammler von Mineralien und Fossilien, die sich regelmäßig in Waldniel treffen, ganz genau. Über Jahrzehnte haben sie Fachliteratur gewälzt, mit Experten gesprochen und versucht, möglichst viel über ihre Funde herauszufinden. Devon, Jura, Kreidezeit - die Sammler wissen viel über die Erdgeschichte und ihre Schätze. Über ihre Funde fachsimpeln sie bei ihren Treffen im Altbau des St.-Wolfhelm-Gymnasiums in Waldniel. Oder bei ihren Touren, die sie zum Beispiel in die Fränkische Schweiz, in die Eifel, ins Erzgebirge oder in die Provence, nach Marokko, Ungarn oder Tschechien führen.

Rainer Scheithauer sammelt Fossilien. "Ich habe mich immer dafür interessiert, was früher gelebt hat", sagt der Kempener. Von der Kempener Königshütte stammt der Unterschenkel eines Mammuts, der heute bei Scheithauer daheim in einer Vitrine liegt. Damit der Knochen nicht zerfällt, pinselte der 67-Jährige den Unterschenkel sorgsam mit Holzleim ein. Aus Grefrath-Oedt stammt der gewaltige Backenzahn eines Urwaldelefanten. "Da war das Meer 40 Meter tief, eine Brutstätte für Haie", berichtet Erwin Wevers. An diesen Stellen gewinnt man heute Kies. Und findet Haifischzähne oder Mammutknochen. Wevers ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Mineralogie und Geologie, Bezirksgruppe Schwalmtal, bei der Kreisvolkshochschule. Der 77-jährige Grefrather ist der Mineralogie schon vor Jahrzehnten verfallen. In den 1950er-Jahren sammelte der junge Erwin als Pfadfinder bunte Steine im Bach, in den 1970er-Jahren begann er, Steine auf Reisen zu sammeln. Heute blickt er auf 65 Jahre Sammlerleidenschaft - und gemeinsam mit Ehefrau Irmgard (75) auf rund 4000 gesammelte Stücke.

Volkmar Lenzen (73) bewahrt seinen ersten Stein immer noch auf. Der Dülkener wurde bei einer Tour in die Eifel vom Sammlerfieber infiziert: Als Busfahrer hatte er eine Gruppe Mineralienfreunde begleitet, "mit Helmen und Rucksäcken, und ich dachte, ein Haufen Verrückter", erinnert er sich. Unterwegs mit ihnen fand er seinen ersten Stein. Seitdem hat ihn das Hobby nicht losgelassen: "Was mich fasziniert: Ich bin der erste seit Jahrmillionen, der dieses Stück in der Hand hält."

Für die Sammler ist es nicht immer leicht, eine Erlaubnis zu bekommen, um in einem Steinbruch zu suchen. Im Verein werden solche Exkursionen gemeinsam geplant. Das gibt auch den Frauen Sicherheit, erklärt Ursula Streich (79) aus Lobberich. Und im Steinbruch sei es schön: "Man ist in der Natur, hört nichts außer dem Brummen einer Hummel."

(RP)
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