Prozess am Landgericht Kleve Gutachten soll klären, ob Hakan E. mit Absicht zustach

Kleve · Hat Hakan E. aus Weeze seine Ex-Freundin in Kevelaer mit einem Messer absichtlich verletzt hat - oder aus Versehen? Das soll vor Gericht jetzt ein Gutachten klären. So will es jedenfalls E.s Verteidiger.

 Der Angeklagte Hakan E., der hier am ersten Prozesstag sein Gesicht verdeckt, bestreitet eine Absicht.

Der Angeklagte Hakan E., der hier am ersten Prozesstag sein Gesicht verdeckt, bestreitet eine Absicht.

Foto: Klaus-Dieter Stade

Der Angeklagte hatte kurz vor Weihnachten zwar eingeräumt, seine Ex-Freundin in ihrer Kevelaerer Wohnung nach einer Auseinandersetzung und im Beisein seines Cousins sowie einer Freundin mit einem Messer im Brustbereich und an der Hand verletzt zu haben. Er bestritt allerdings, dass das mit Absicht passiert sei. Vielmehr sei er, nachdem ihn sein Cousin festgehalten habe, hingefallen und mit dem Messer in der Hand auf sie gestürzt.

Ob das so geschehen sein kann, möchte Verteidiger Karl Scholten nun mittels eines Gutachtens geklärt wissen. Seinen Antrag ließ das Gericht jedoch unkommentiert im Raum stehen, so dass wohl erst am nächsten Verhandlungstag, dem 30. Januar, eine Entscheidung darüber verkündet wird.

Stattdessen wurden gestern Polizei- und Kriminalbeamten als Zeugen gehört. Danach nutzte Anwalt Karl Scholten eine kurze Pause, um eine paar vorbereitete Zeilen zu verlesen. Der Verteidiger des 32-Jährigen, der sich wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung vor dem Klever Landgericht verantworten muss, rollte auf einigen DIN-A4-Seiten noch einmal den ersten Prozesstag auf, an dem es seiner Meinung nach zu unterschiedlichen Aussagen gekommen war.

Davon abgesehen war Scholten gestern der Meinung, dass ein solches Gutachten für den Ausgang des Prozesses eminent wichtig sei. Er stellte nämlich die Aussagen des Opfers und ihrer Freundin in Frage. "Die vor dem Gericht getätigten Einlassungen sind nicht nur in Details von den Aussagen kurz nach der Tat bei der Polizei abgewichen", meinte Scholten. So habe das 19-jährige Opfer bei der Polizei ausgesagt, dass es während der Tat die Hände so vors Gesicht gehalten habe, dass es nicht mehr habe sehen können, wie der Angeklagte das Messer in der Hand gehalten habe. Die junge Frau habe lediglich irgendwann einen Schmerz in Brust und Hand verspürt.

Vor Gericht trug das Opfer nach Meinung Scholtens allerdings eine andere Version vor. Hier habe sie am ersten Prozesstag genau beschrieben, wie ihr Ex-Freund das Messer in der Hand gehalten und dann auf sie eingestochen habe. Ebenso wie in ihrer polizeilichen Vernehmung erläuterte sie dabei aber auch, dass sie E., der schon früher gewalttätig gewesen sein soll, in diesem Moment "alles zugetraut" und Angst gehabt habe. Weiterhin zweifelte Scholten auch an der Aussage der Freundin des Opfers. Sie hatte gesagt, dass sie gesehen habe, wie E. das Messer aus der Küche aufgegriffen habe. Nach Darstellung eines Kriminalbeamten, der die Wohnung in Augenschein nahm, sei das aber auf Grund der räumlichen Gegebenheiten unmöglich.

Die Freundin belastete den Angeklagten darüber hinaus schwer, als sie ihren persönlichen Eindruck schilderte. Sie war sich sicher, dass der Angeklagte mit der Absicht, seine Ex-Lebensgefährtin und Mutter seiner Tochter erheblich verletzen zu wollen, auf sie eingestochen habe. "Diesen Eindruck begründete sie auf Nachfrage aber auch mit den Verletzungen des Opfers", relativierte Scholten.

Für ihn steht damit fest: "Was beide geschildert haben, ist nicht das eigene Erlebte, sondern es sind die objektiven Befunde." Einen Zweifel an der Schuld seines Mandanten begründete Scholten zudem noch mit den Hand-Verletzungen, die E. selbst davon getragen habe: "Er hat das Tatmesser in einer Schutzhaltung, um andere nicht zu verletzen, beim Sturz selbst umgriffen." Das hätte er nicht, wenn er jemand anderen wirklich hätte verletzen wollen, war sich Scholten sicher.

(pets)
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