Kevelaer Melatenstraße gammelt vor sich hin

Kevelaer · Müll, rostige Spielgeräte und eingeschlagene Fensterscheiben: Die ehemaligen Wohnblocks belgischer Soldaten versinken langsam in Müll und Wildwuchs. Nachbarn zwischen Frust und Zorn. Hoffnungsfunke "Flächenpool NRW".

Die Anlieger regen sich schon längst nicht mehr auf. Wenn andernorts Nachbarn sich schräg anschauen, weil einer die Hecke nicht schneidet oder der andere im Garten Musik hört, müssen die Menschen am Gocher Duvelskamp, an der Dr.-Lax-Straße und an der Melatenstraße mit dem Anblick dreier völlig verwahrloster Häuserruinen leben. "Wenn wir in der Küche sitzen, blicken wir auf die schäbige Wand mit den zugemauerten Türen. Und wenn es windig ist, hören wir nachts die auf und zu schlagenden Fenster", sagt Anton Lamers. Von seinem gepflegten Reihenhaus aus hat er die unbewohnten Wohnblocks an der Melatenstraße immer im Blick. Die ehemaligen Wohnblocks belgischer Soldaten versinken langsam in Müll und Wildwuchs.

Auch in der Nachbargemeinde Weeze waren die früheren Blocks des Militärs lange ein unschöner Anblick. Hier gelang es der Kommune allerdings nach vielen Anstrengungen das Gelände umzuwandeln. Neues attraktives Bauland entstand, der Schandfleck verschwand.

Das würde sich mancher auch für Goch wünschen: "Was will man machen, die Stadt hat ja keine Handhabe", stellt Lamers nüchtern fest. Dutzende von Eigentümern machen jede Art von Verhandlung schwierig bis unmöglich. Viele sind nicht erreichbar, kümmern sich nicht um ihren Besitz, der in der Tat mehr Belastung als Wert bedeutet. Seit Jahren erklärt die Stadtverwaltung auf Nachfrage immer wieder das Dilemma. Sie kann nur ordnungsbehördlich reagieren, nämlich gucken, dass möglichst niemand sich in und durch die Ruinen verletzt. Deshalb sind inzwischen die Fensteröffnungen im Erdgeschoss, die Kellerabgänge und Türen mit Brettern vernagelt. Vor zwei Wochen brannte es in einem der drei viergeschossigen Häuser. Ein Zeuge hatte Rauchentwicklung bemerkt. Offenbar war es Unbekannten gelungen, sich über eine verschlossene Stahltür Zutritt zu verschaffen. Nachdem sie die Tür aufgehebelt hatten, setzten sie im Treppenhaus Müll in Brand, den die Feuerwehr später löschte. Bürgermeister Ulrich Knickrehm sagte der RP auf Anfrage, dass zudem eine Kellertür aufgebrochen wurde, hinter der eine Matratze gelegen habe. Ob diese zu Schlafzwecken genutzt worden sei, wisse man nicht.

Nach dem Brand wurden alle Gebäude inspiziert, Schwachstellen bei Türen und Fenstern wurden nachgebessert. Nach menschlichem Ermessen seien die Häuser gegen unberechtigten und gefährlichen Zutritt gesichert. Was bleibt, ist die bedrückende Optik. Fensterglas ist bis in die oberen Stockwerke zerstört, Graffiti in verschiedenen Sprachen prangt überall, Birken und Erlen wachsen bis in die zweite Etage. Völlig verrostete Spielgeräte ziehen auch das bescheidenste Kind nicht mehr an. Rund um die Schaukel und das Klettergerüst Wildwuchs. "Für Hunde ist das eine feine Gegend", spöttelt Lamers.

Beliebt ist die Gegend auch als Schuttabladeplatz. Müll jeder Art fängt sich an den Hauswänden und bleibt im Unkraut hängen. "Immerhin ist es hier jetzt ruhig", erklärt Wolfgang Hinterobermaier, dem es leid um den Niedergang der Wohngegend tut. "Ich war früher Taxifahrer und habe viele Leute in die Melatenstraße gebracht. Als da noch Soldaten wohnten und auch später waren das gute Wohnungen. Dort lebten ordentliche, saubere Leute. Irgendwann ist das aber gekippt."

Laut sei es geworden, unfriedlich, oft seien Polizei oder Ordnungsamt vorgefahren. Einige Bewohner bezahlten ihre Stromrechnungen nicht mehr, irgendwann wurde der Komplex geräumt. Hinterobermaier weiß, dass seine Wohnadresse keinen guten Klang hat, obwohl natürlich an der Melatenstraße auch ganz normale Häuser stehen. "Besser, man sucht in dieser Zeit keinen Käufer für sein Haus", meint auch Lamers. Für ihn und die Nachbarn ist klar, dass die scheußliche Umgebung den Wert ihrer Immobilien deutlich mindert. Einen Hoffnungsschimmer gibt es laut Baudezernent Klaus Krantz noch: Goch hat sich zum dritten Mal darum beworben, in den "Flächenpool NRW" aufgenommen zu werden. Bei diesem Projekt geht es um Hilfen bei schwierigen Grundstücksverhältnissen und "Schrottimmobilien".

(RP)
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