Kleve Christian Kemper spannte Bogen von Bach bis zur Gegenwart

Kleve · "Romanzen" - mit diesem Motto war das Kammerkonzert der "Besonderen Reihe" im Museum Kurhaus Kleve überschrieben. Hinter dem scheinbar harmlosen Titel verbarg sich eine klug durchdachte Programmauswahl, die ein spannendes Beziehungsgeflecht zwischen alter und neuer Musik aufzeigte. Das Trio "Chambre d'écoute", dem die Aufführung und Vermittlung zeitgenössischer Musik ein besonderes Anliegen ist, spannte den Bogen von Bach über Schumann bis zu den zeitgenössischen Komponisten Heinz Holliger und Nicolaus A. Huber.

Kontrastreich und lebendig musizierten Christian Kemper (Oboe d'amore) und Verena Sennekamp (Violoncello) vier zweistimmige Inventionen von Johann Sebastian Bach, deren klare Struktur perfekt zur schlichten Eleganz des Museumssaales passte.

Dunkel und eindringlich dann Holligers "Romancendres" von 2003, eine ungewöhnliche Auseinandersetzung mit dem Komponisten Robert Schumann: Es bezieht sich auf ein verschollenes Spätwerk Schumanns, fünf Romanzen für Violoncello und Klavier, die von dessen Frau Clara vernichtet wurden - zu deutlich sprach aus ihnen offenbar der beginnende Wahnsinn des Komponisten. Entsprechend zerrissen wirkte Holligers Werk, einsame Klagegesänge des Cellos wechselten sich ab mit beschwörend pochenden Rhythmen und verfremdeten Klängen (besonders Pianistin Katharina Olivia Brand erzeugte im Inneren des Flügels aufregende Klangeffekte).

Danach erschien der erste "originale" Schumann - drei Romanzen op. 94 für Oboe und Klavier - fast eine Spur zu vordergründig und direkt. Hier wäre es spannend gewesen, ein spätes Werk Schumanns im Vergleich zu hören, um eine Ahnung von dem düsteren, weltabgewandten Ton zu bekommen, dem Holliger in seiner Komposition nachspürt.

Vergeblich suchte man in Nicolaus A. Hubers "Demijour" für Oboe, Violoncello und Klavier (1985/86) Spuren des wunderbar schaurigen Schumann-Liedes "Zwielicht", das dem Komponisten laut eigener Aussage als Inspirationsquelle gedient hatte. Zu wenig subtil und geheimnisvoll war das Stück mit seinen schneidenden, im fortissimo ausgehaltenen Tönen und prasselnden Tonwiederholungen.

Eine echte Entdeckung dagegen Schumanns "Sechs Stücke in kanonischer Form" (in einer Triofassung von Theodor Kirchner), die trotz ihres strengen Aufbaus eine innige romantische Wärme verströmten. So deutlich aus den Stücken Schumanns Faszination für Bach spricht, so unverkennbar tragen die sechs Stücke mit ihren aufblühenden melodischen Linien seine eigene Handschrift.

Im letzten Stück, einem träumerisch-entrückten Adagio, konnte man schließlich doch noch jenen "anderen" Schumann erahnen, auf den sich die beiden modernen Komponisten in so unterschiedlicher Weise bezogen.

(RP)
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