Kleve Stück "Peanuts" lässt viele Fragen offen

Kleve · Hochpolitisch ist die Intention des 1976 geborenen Autors Fausto Paravidino in seinem Theaterstück "Peanuts" - der neuen Produktion des Theaters im Fluss. Der Italiener nimmt hier die Geschehnisse während des G8-Gipfels in Genua 2001 zum Ausgangspunkt: Straßenschlachten, Tränengas, zahlreiche Verletzte; Polizisten, die festgenommene Demonstranten foltern. Inmitten des Chaos auf den Straßen wurde der 23-jährige Demonstrant Carlo Giuliani durch den Kopfschuss eines 20-jährigen Carabiniere getötet. Diese Zusammenhänge werden dann klar, wenn man sich bei der Stückrecherche das entsprechende Hintergrundwissen anliest. Das Stück selbst offenbart sie jedoch nicht, was schade ist. Und so tauchen im Kopf des Zuschauers etliche Fragezeichen auf: Wie wurden aus der schluffigen Jugendclique der ersten Stückhälfte die brutalen Polizisten und gequälten Gefangenen in der zweiten (überschrieben mit "zehn Jahre später")? Gibt es einen kausalen Zusammenhang zwischen den Jugendsünden von damals und den unmenschlichen Foltermethoden von heute? Warum sind die einen Täter und die anderen Opfer - denn nicht bei allen zeichnete sich diese Tendenz bereits in der ersten Hälfte ab? Und was, außer einigen Namensähnlichkeiten (Minus, Silly, Woodschlock), hat der Titel des Stückes mit den gleichnamigen Comic-Helden zu tun?

Nichtsdestotrotz erwies sich das junge Ensemble des Theaters im Fluss einmal mehr als große Klasse. Etwa der verzweifelt um Autorität ringende und sich fortwährend mit Deo einsprühende Buddy (Janis Krebbers), der die Wohnung seiner reichen Bekannten hüten soll und erleben muss, wie seine Teenagerkumpels diese zunehmend belagern und verwüsten. Oder sein Schwarm Magda (Insa Hoeing), die er mit der luxuriösen Wohnung beeindrucken will, die sich aber nicht sonderlich für ihn interessiert, während ihre arrogante Freundin Cindy mit beißenden Kommentaren alles noch schlimmer macht (fast schon gruselig gut: Laura van Meurs).

Der fiese Snappy, der das Sofa beschmutzt und Buddy danach noch demütigt (großartig: Tim Elze). Und schließlich Schkreker, der blasierte Sohn des Hausherrn, der in die eskalierte Szenerie hereinplatzt und von Buddy Rechenschaft fordert (Yannis van Soest, besonders im zweiten Teil fantastisch). Die teils verwandelten, teils noch verstärkten Charakterzüge nach der Pause offenbarten umso mehr den Facettenreichtum der jungen Schauspieler. Mit gutem Gespür wählte Regisseur Harald Kleinecke dazu eine erst klassisch anmutende, dann mit wuchtigem Elektrobeat losdröhnende Musik, die wie manisch nach jeder Szene wiederkehrte.

Aufführungen noch heute Abend 17. 6., sowie am 23. und 24. Juni, jeweils um 20 Uhr.

(vekr)
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