"Stunde der Wintervögel" im Kreis Kleve Spatzen noch immer die häufigsten Vögel

Kreis Kleve · Wintervogelzählung: Mehr Teilnehmer als in den Vorjahren sichten weniger Tiere in den Gärten. Der Naturschutzbund hofft auf Erholung der witterungsbedingt geschrumpften Bestände und bittet um ganzjährige Futterhilfe.

"Stunde der Wintervögel" im Kreis Kleve: Spatzen noch immer die häufigsten Vögel
Foto: dpa

Immer mehr Menschen interessieren sich offenbar für die Natur in ihrer unmittelbaren Umgebung. Das könnte man zumindest ableiten aus dem Umstand, dass an der diesjährigen Zählaktion "Stunde der Wintervögel" des Naturschutzbund Deutschland (Nabu) deutlich mehr Menschen als in den Vorjahren teilgenommen haben.

Vom 6. bis 8. Januar saßen im Kreis Kleve insgesamt 404 Männer und Frauen auf erhöhtem Beobachtungsposten und blickten ausdauernd in insgesamt 278 Gärten. Dabei zählten sie 9843 Vögel. Im Jahr zuvor wurden in (nur) 211 Gärten 8150 Vögel festgestellt. Bundesweit gab es 2016 rund 93.000 Teilnehmer, die 2,6 Millionen Tiere zählten, in diesem Jahr kamen 120.000 Aktive auf etwa 2,8 Millionen Tiere. Bestätigt wurde damit die subjektive Annahme, dass weniger "Wintervögel" in unseren Gärten leben.

Das Fehlen der Singvögel, das viele Menschen beklagen, ist den Zeitgenossen anscheinend nicht gleichgültig - das freut die Fachwelt. Dass die Veränderung wahrgenommen wird und eine Reihe Bürger nicht einfach schulterzuckend darüber hinweg geht, sei ein gutes Zeichen. Wenngleich die Menschen natürlich nur mittelbar Einfluss auf die Entwicklung nehmen können.

Nach wie vor am stärksten vertreten ist der Haussperling, bekannter als Spatz. Von den 278 Kreis Klever Gärten, die "untersucht" wurden, sahen Bürger den Spatz 1522 mal sitzen oder fliegen. Er ist damit nach wie vor der zahlenmäßig am häufigsten vorkommende Piepmatz unserer Gefilde. In etwa jedem zweiten Garten wurde er angetroffen; wo er festgestellt wurde, waren es gleich mehrere seiner Art, meist vier oder fünf.

Zweitstärkste "Fraktion" sind die Dohlen; 842 Exemplare wurden gezählt, im Schnitt saßen drei von ihnen in einem Garten. Die Amsel, Platz drei in der Rangliste, war 715 mal vertreten, 2,4 Tiere pro Garten zählten die Tierfreunde. Besorgniserregend: Nur noch halb so viele (668) Kohlmeisen waren zu sehen. Auch das Rotkehlchen ist ein häufig anzutreffender Gast: 331 Vertreter seiner Art wurden gezählt, fast unverändert gegenüber dem Vorjahr.

Manuel Fiebrich von der Naturschutzstation Kranenburg sieht mehrere Gründe für den aktuell zu verzeichnenden Rückgang der Wintervögel. "Der Bruterfolg 2016 war eher gering, weil es wenig Insekten gab. Auch verschiedene Krankheiten dürften eine Rolle gespielt haben." Fiebrich hofft auf ein besseres Brutergebnis im kommenden Frühjahr - schon Ende diesen Monats dürften die ersten Singvögel mit dem Nestbau beginnen. "Zu rechnen ist mit dem Nestbau der Graureiher in den Weiden, auch Spechte und Steinkäuze dürften bald beginnen", so Fiebrich. Ohne Unwetter und bei genügend Futter können die Populationen wieder wachsen. Allerdings: Durch die veränderten Landschaften und die Flächenversiegelung auch auf privaten Grundstücken wird es für die Vögel deutlich schwieriger, sich zu versorgen.

Martin Brühne vom Naturschutzzentrum Kreis Kleve rät dazu, Vögel ganzjährig zu füttern. In früheren Zeiten erschien dies vielleicht ökologisch fragwürdig, inzwischen sehen es Fachleute aber durchaus differenziert. "Es kommt natürlich drauf an, was man füttert", sagt Brühne. So sind zum Beispiel Rotkehlchen, Kleiber und Meisen keine Vegetarier. "Sie sollten auch Mehlwürmer bekommen, die es sogar getrocknet gibt. Auch Fettstücke mit Insektenteilen werden gern genommen." Dazu natürlich Körner, Erdnüsse, auch Apfelstücke oder Bucheckern. Ob heimische Vögel in großer Zahl bei uns vorkommen, hängt immer vom Futterangebot und der Möglichkeit ab, an geeigneten Stellen Nester zu bauen. Naturnahe Gärten, Nisthilfen und Futterangebot können also erheblich helfen.

Mit Verspätung stellen sich nach Aussage von Nabu-Experten aus dem Kreis Kleve derzeit auch Singvögel aus Nordeuropa am Niederrhein ein. Wacholder- und Rotdrosseln etwa hätten die Futterreserven in ihrer Heimat vertilgt und kämen nun zu uns. Anderen ist es auch in Europa zu kalt, und sie halten sich vorläufig weiter im Süden auf.

(RP)
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