Krefeld Bombe per Hand mit Rohrzange entschärft

Krefeld · Routine ist es nie: Sprengmeister Peter van Eck und seine Kollegen vom Kampfmittelräumdienst haben gestern eine Fünf-Zentner-Bombe entschärft. Nie können sie sicher sein, ob der Zünder nicht doch beschädigt ist.

 Sprengmeister Peter van Eck (M.) mit seinen Kollegen Dirk Putzer und Jürgen Schröder mit der amerikanischen Fünf-Zentner-Bombe gestern auf der Wiese am Sprödentalplatz.Van Eck hält den Zünder der Bombe in der Hand.

Sprengmeister Peter van Eck (M.) mit seinen Kollegen Dirk Putzer und Jürgen Schröder mit der amerikanischen Fünf-Zentner-Bombe gestern auf der Wiese am Sprödentalplatz.Van Eck hält den Zünder der Bombe in der Hand.

Foto: T.L.

Die Frau, die auf einer Parzelle auf dem Kleingartengelände Ost am Sprödental einen Gartenteich beseitigen wollte, staunte nicht schlecht: Unter der Folie stieß sie auf eine Bombe. Fünf Zentner schwer und so tödlich wie 1943, als der amerikanische Sprengkörper über Krefeld abgeworfen worden war. Gestern wurde sie entschärft: Um 11.24 Uhr kam in der Feuerwache Florastraße die erlösende Durchsage: "Die Bombe wurde entschärft; alles geht wieder seinen normalen Weg."

 Für die Dauer der Entschärfung gab es in Krefeld Staus wie hier auf der Ritterstraße; auch die Dießemer Straße war dicht.

Für die Dauer der Entschärfung gab es in Krefeld Staus wie hier auf der Ritterstraße; auch die Dießemer Straße war dicht.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Erlösend ist die Nachricht immer. 250 Meter um die Bombe wurden alle dort lebenden 1800 Menschen evakuiert; bis 500 Meter Entfernung mussten sich die Leute in ihren Häusern aufhalten — gut 6000 Menschen waren von den Sicherheitsregeln betroffen. Die Straßen rund um die Bombe waren abgeriegelt; es kam zu Staus und manchmal auch zu Wortgefechten zwischen Polizisten und ahnungslosen Passanten, die keine Zeitung gelesen hatten: zum Beispiel zwischen einer Mutter, die partout ihren Kinderarzttermin nicht verpassen wollte, und einem Beamten, der sie strikt am Weitergehen hinderte.

All das ist keine übertriebene Vorsicht: "Im Falle einer Explosion könnten Splitter sogar weiter als 500 Meter fliegen", sagt Sprengmeister Peter van Eck. Und Hans Pöpperl, Teamleiter Katastrophenschutz in Krefeld, ergänzt: "Die Druckwelle einer solchen Bombe würde auch Zwei- bis Dreifachscheiben mit unglaublicher Gewalt durch die Wohnungen fegen."

Van Eck und seine Kollegen haben den Sprengkörper nicht mit Robotern per Fernbedienung entschärft, sondern per Hand und Rohrzange. "Der Zünder war festgerostet und bereitete etwas Mühe; irgendwann ging es aber glatt", berichtet van Eck (60). Er ist seit 33 Jahren dabei. Routine hat sich dennoch nicht eingeschlichen. "Ich habe mir zu 100 Prozent Respekt vor den Bomben bewahrt, nach Viersen kamen noch 1000 Prozent drauf." In Viersen musste im September 2012 eine Weltkriegsbombe kontrolliert gesprengt werden — dennoch richtete sie erhebliche Schäden an.

Van Eck sagt, er sei nicht mehr so nervös wie in den ersten Berufsjahren, aber die psychische Belastung sei immer wieder spürbar. Er sei jetzt 60, sagt er und lächelt, die letzten Berufsjahre schaffe er auch noch sicher.

Das Tückische ist: Die Kampfmittelräumer können sich nie ganz sicher ein, wie sehr der Zünder im Innern der Bombe angegriffen ist — und ob Bewegungen nicht doch noch eine Explosion auslösen könnten. Tückisch sind auch Ausbausperren am Kopf der Zünder — unscheinbare Kappen, die die Bombe bei dem Versuch, den Zünder auszubauen, zünden sollen.

Gestern ging alles gut. Pöpperl zeigte sich hochzufrieden mit der Zusammenarbeit zwischen Stadt, SWK, Polizei und Tiefbauamt. "Das ist heute so glatt abgelaufen wie selten zuvor." Sein Team bleibt ständig im Training: Pöpperl muss jährlich in rund 200 Verdachtsfällen Luftbildaufnahmen auswerten; 40 bis 60 Fälle seien problematisch und müssten teils über Probebohrungen abgeklärt werden.

Von dem Angebot, in der Sporthalle der St. Stephanus-Hauptschule während der Entschärfung Unterschlupf zu finden, haben sechs Leute Gebrauch gemacht. "Wir hatten heute eine Eins-zu-Eins-Betreuung — auf jeden Gast kam ein Betreuer", flachst ein Feuerwehrmann. Die Stimmung ist gelöst. Kein Wunder: Nach jeder Bombenentschärfung kommt man sich wie davongekommen vor.

(RP)
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