Krefeld Der Geothermie-Pionier

Krefeld · Wolfgang K. Hoever will in Krefeld ein Geothermie-Kraftwerk bauen. In einem Bürgerforum haben viele Anwohner am Montagabend Kritik an den Plänen formuliert. Im Interview erklärt Hoever, was er falsch gemacht hat, wo er bauen würde und was ihn antreibt.

Herr Hoever, im Bürgerforum haben Sie mit acht Experten 350 Krefelder über ihr Geothermie-Kraftwerk informiert. Es gab viel generelle Fürsprache, auch Kritik. Wie geht es Ihnen am Tag danach, betrübt oder motiviert?

Wolfgang K. Hoever Mir geht es gut, wir sind nach der Podiumsdiskussion mit dem Gefühl rausgegangen, dass wir einige Sorgen nehmen konnten. Natürlich gibt es immer Kritiker, die soll es auch geben. Ich behaupte aber, dass es nur eine Handvoll ist, und dies größtenteils Anwohner der Westparkstraße und der umliegenden Straßen sind.

Weil Sie gesagt haben, dass Sie Ihr Geothermie-Kraftwerk am liebsten dort realisieren würden.

Hoever Ein taktischer Fehler. Wir hätten viel weniger Kritiker, wenn ich nicht direkt einen möglichen Standort genannt hätte. Im Grunde kam das so: Sie als Presse haben mich in der Pressekonferenz gefragt, wo ich das Projekt am liebsten realisieren würde. Um zu demonstrieren, dass ich selbst auch die Risiken, die mit dem Projekt verbunden sind, in Kauf nehmen würde, habe ich Areale rund um mein Salvea-Gesundheitszentrum genannt. Es ist aber definitiv noch nicht über einen Standort entschieden.

Gibt es andere vorstellbare Areale?

Hoever Am liebsten soll das Kraftwerk trotz des 357 Quadratkilometer großen Genehmigungsfeldes in Krefeld stehen. Meiner Meinung nach liegt die Zukunft in der wohnortnahen Energieversorgung. Wenn ich Energie auf der grünen Wiese weit weg von Krefeld produziere, muss ich erst große Leitungstrassen bauen; wozu das führt, sehen wir ja an der Diskussion um die Leitung im Krefelder Westen. Es gibt viele Standorte, die vorstellbar sind; zum Beispiel Gewerbegebiete, in denen die Firmen Strom und Wärme vom Geothermie-Projekt abnehmen könnten.

Vor jeder Standortfrage wird aber die Frage der Sicherheit stehen. Durch Bohrungen können mögliche Erderschütterungen entstehen; in Erdbebengebieten ist das ein Risiko. Wo ist die Grenze erreicht, an der Sie sagen: Wir bauen nicht?

Hoever Das ist doch die Kernfrage, um die sich die ganze Diskussion dreht. Man muss klar sagen, dass in der Niederrheinischen Bucht eine potenzielle Erdbebenregion ist. Nach allem, was wir wissenschaftlich wissen, sind es aber keine Erdbeben der Größenordnung, dies für unser Geothermie-Projekt Risiken bedeuten könnten. Es gibt viele andere Geothermie-Kraftwerke in Bayern, die ebenfalls in Erdbebenzonen stehen. Die Schäden, die entstehen können, sind in einer Größenordnung, die für die Regulierung kein Problem darstellen.

Was garantieren Sie den Kritikern?

Hoever Handwerkliche Fehler, die anderswo gemacht wurden, werden wir nicht wiederholen. Aus jedem Fehler, der anderswo planerisch gemacht wird, können wir für unser Projekt lernen. Insofern stehen die Chancen gut. Wir werden die Erdbeschaffenheit mit Seismik testen. Wenn Gefahr für das menschliche Leben durch den Bau des Kraftwerks bedeutete, würde ich das Projekt niemals realisieren. Aber es gibt doch auch Risiken, die tolerierbar sind, die man beheben kann — z. B. Risse im Putz. Man muss sich nur klar entscheiden, welche Risiken man tolerieren will. Wir nennen im Übrigen oft nur die Katastrophenfälle wie Basel und Staufen, vergessen aber die funktionierenden Geothermie-Kraftwerke.

Nennen Sie uns doch mal ein paar?

Hoever Trotz der schlechten Planung in Basel, wo der Bau des Kraftwerks gestoppt ist, haben sich im schweizerischen St. Gallen kurz danach 80 Prozent der Bürger in einem Volksentscheid für ein Geothermie-Kraftwerk entschieden. Oder das Beispiel Pullach, seit fünf Jahren störungsfrei, aktuell läuft dort die dritte Bohrung. Wir hatten mit Dr. Erwin Knapek (ehemaliger Bürgermeister von Unterhaching) als wesentlichen Initiator des örtlichen Geothermie-Projekts einen Fachmann da, der ein Kraftwerk realisiert hat, so groß wie eine Turnhalle, wo die Wohnbebauung nur 250 Meter entfernt ist. Auch dort gab es erst Kritiker, mittlerweile begreifen die Bürger das Kraftwerk als ihr eigenes Projekt — auch, weil es kommunal betrieben wird.

Wäre die Beteiligung der Stadtwerken in Krefeld nicht auch eine Lösung?

Hoever Natürlich ist ein finanzielles Risiko dabei, das weiß man. Deshalb ist die Beteiligung für kommunal verankerte Unternehmen schwer. Aber wir sind auch mit den SWK in ersten Gesprächen. Man muss das große Potenzial sehen. Sechs Megawatt Leistung soll das Kraftwerk produzieren, statistisch gesehen könnte man damit zehn Prozent der Krefelder Haushalte dauerhaft versorgen.

Wie wollen Sie die Bevölkerung in den nächsten Schritten beteiligen?

Hoever Bevor die seismischen Tests starten, würden wir gerne ein solches Fahrzeug nach Krefeld holen. Das sind 35-Tonner, im Grunde so schwer wie ein Lkw. Außerdem wollen wir eine Infostation einrichten, in der sich Bürger fortlaufend über die Seismik informieren können.

Was treibt Sie als Unternehmer an?

Hoever Ich habe die Möglichkeit, bei der Energiewende mit gutem Beispiel voranzugehen. Diese Möglichkeit will ich wahrnehmen. Ich lasse mich da auch nicht beirren, das habe ich in 32 Jahren selbstständiger unternehmerischer Tätigkeit gelernt. Bei aller konstruktiven Kritik merkt man, dass man immer einen Schritt weiter kommt.

Sebastian Peters führte das Interview.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort