Kreis Heinsberg Wähler - heute so, morgen so

Kreis Heinsberg · Demoskop Klaus-Peter Schöppner zur Flexibilität der Meinungen. Was für Politiker wichtig ist.

Kreis Heinsberg: Wähler - heute so, morgen so
Foto: dpa (Archiv)

Meinungen wechseln viel schneller als früher. Der renommierte Wahlforscher Klaus-Peter Schöppner erkennt bei den Bürgern "eine erhöhte Flexibilität" der Meinung, was Vorhersagen über einen Wahlausgang erschwere. Darauf müsse die Politik sich einstellen - Denkanstöße, wie dies geschehen könnte, brachte Schöppner jetzt mit nach Heinsberg. Überspitzt formuliert, müsse Politik damit rechnen, dass die Entscheidung eines Wählers morgens anders ausfallen könne als nachmittags.

Klaus-Peter Schöppner ist seit 30 Jahren als Demoskop im Geschäft. Die vergangenen zwei, drei Jahre seien für ihn die spannendsten gewesen, weil sich vieles plötzlich und unerwartet verändert habe, erklärte der Wahlforscher in Heinsberg. Eingeladen hatte ihn die Kreissparkasse als Referenten zum "Forum Kommunal". Schöppner ist Geschäftsführer von "Mente Factum" und war von 1990 bis 2013 als Geschäftsführer beim Emnid-Institut tätig. Er hat mehr als 1000 Studien für Parteien, Ministerien, Medien, Wirtschaftsunternehmen und Verbände durchgeführt und ist ständiger Berater des Kanzleramtes sowie von Bundes- und Landesregierungen.

Zuhörer von Schöppner in Heinsberg waren Kommunalpolitiker aus dem Kreisgebiet, denen er aus seinen Studienergebnissen zehn Leitfragen für einen Wahlerfolg mitgebracht hatte. Politiker sollten sich fragen, ob die Wähler sie verstehen können, ob sie die richtigen Begriffe und Sprachbilder nutzen. Sie sollten ihre Erreichbarkeit hinterfragen, ihre Ehrlichkeit und ob Sagen und Tun zueinander passten. Hilfreich sei, wenn Politik eine Mitmachmentalität erzeuge. Für die Wähler sei wichtig zu sehen, ob ein Politiker für Verlässlichkeit, Zukunft sowie Fairness stehe und ob er ein aktiv Handelnder sei oder nicht. All dies müsse ein Politiker für sich hinterfragen und beantworten. Warum das für Politiker so wichtig ist, hatte Klaus-Peter Schöppner zuvor anhand vieler Umfrageergebnisse aus den vergangenen Jahren dargelegt. Schon 2015 haben 87 Prozent der Deutschen laut Schöppner die Gesellschaft als sozial ungerecht empfunden. Mehr als 80 Prozent seien bereits vor zwei Jahren bezüglich ihrer Zukunft beunruhigt gewesen. 1996 waren das Schöppner zufolge nur 39 Prozent. In diese Veränderung spielten nicht nur Themen wie Datensicherheit, Finanzkrise, Ausländer oder Globalisierung hinein, sondern auch der demografische Faktor: Ist die Rente noch sicher? Stark gestiegen sei auch das Interesse am Thema innere Sicherheit, das 2016 Platz zwei unter den Wahlmotiven belegte und zwei Jahre zuvor nur den zehnten Rang belegt hatte.

Politiker müssten ihr Tun auch hinterfragen, stellte der Demoskop dar, da 82 Prozent der Bevölkerung sagten, dass Politik und Wirtschaft sich nicht mehr um die Probleme der kleinen Leute kümmerten. Und nur zehn Prozent der Bundesbürger attestierten der Bundespolitik, eine Vision zu haben. Unverändert bestehe dieser Wert seit den letzten Amtsjahren von Helmut Kohl.

Von den Parteien bestehe in der Bevölkerung ein seit 1990 gewachsener Inkompetenzeindruck.

Gegensteuern kann Politik Schöppner zufolge auch, indem sie zum Mitmachen anregt und sich um Nichtwähler kümmert. Er stellte in einer Statistik dar, dass 25 Prozent der Befragten 2016 angaben, politisch interessiert zu sein. Diesen Wert hatte es auch in den Jahren zuvor gegeben, allerdings waren es 1995 noch mehr als 30 Prozent und in den 1980er noch über 40 Prozent.

Wieder mehr Interesse an Politik wecken, nahmen die Besucher der Veranstaltung bei der Kreissparkasse daraus mit nach Hause - und sich um die Nichtwähler kümmern, die laut Schöppner vor allem bei den Menschen zu finden sind, die 70 Jahre und älter sind.

(spe)
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