Serhat Dogan "Ich habe das erste Comedy-Visum"

Langenfeld · "Kückück: Ein Türke sieht Schwarz-Rot-Gold" beginnt am Freitag um 20 Uhr im Sojus 7 in Monheim.

monheim Serhat Dogan wurde in Köln geboren und ging mit fünf Jahren mit seiner Familie in die Türkei zurück. Mittlerweile lebt der 41-Jährige wieder in Deutschland und arbeitet erfolgreich als türkischer Comedian. In Monheim erzählt er, was er über deutsch-türkische Gepflogenheiten gelernt hat.

Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, in Deutschland ein Comedian zu werden?

Dogan Das wollte ich erst gar nicht. Es war ein reiner Zufall. Eigentlich habe ich Sport studiert und bin ExNationalschwimmer gewesen. Mein jetziger Schwager aus Deutschland, der Comedian-Autor Moritz Netenjakob hatte mich als Animateur auf der Bühne gesehen und fragte mich, ob ich auf einer Hochzeit eine Nummer von ihm auf deutsch spielen möchte. Mein Deutsch war gar nicht gut. Ich lernte also alles auswendig.

Und das hat die Leute begeistert?

Dogan Ja, das hat sie so begeistert, dass sie mich sogar direkt nach Deutschland als Comedian holen wollten. Hella von Sinnen, Cordula Stratmann und Marc Konrad haben es gesehen und schrieben hinterher für mich sogar einen Brief an die Ausländerbehörde, damit ich als Comedian nach Deutschland zum Arbeiten zurückkehren konnte.

Und das hat geklappt, wie man sieht?

Dogan Ja genau. Ich arbeite tatsächlich seit elf Jahren sehr erfolgreich mit großem Spaß als erster Inhaber eines "Comedy-Visums" in Deutschland. Allerdings musste ich jahrelang beweisen, dass ich davon leben konnte. Mittlerweile habe ich auch einen deutschen Pass.

Was ist kulturell denn komplett anders in Deutschland?

Dogan Erst einmal gibt es hier so schöne Kuckucksuhren. Vielleicht lieben die Deutschen deshalb die Pünktlichkeit. Daran muss ich mich einfach immer noch gewöhnen. Bei uns in der Türkei wird das lockerer gehandhabt, wenn man zu spät kommt. Hier sind die Menschen beleidigt, wenn man unpünktlich ist. Außerdem habe ich in der Türkei Probleme, wenn ich über einen Zebrastreifen gehe, weil die Leute dort nicht anhalten.

Woher haben Sie Ihren Erfahrungsschatz, um so detailliert über deutsche und türkische Kulturunterschiede zu sprechen?

Dogan Ich habe zwei deutsche Schwager und habe schon insgesamt 16 Jahre in Deutschland gelebt. In der Türkei bin ich zur Schule gegangen und habe dort studiert. Später habe ich eine Türkin geheiratet. Beide Kulturen sind mir deshalb sehr vertraut. Ich habe für mich selbst vieles gemischt und profitiere von beiden Kulturen. Ich feiere sogar bei den Eltern meines deutschen Schwagers Weihnachten.

Was halten Ihre Landsleute und Ihre Familie von Ihrem Job als Comedian?

Dogan Wir sind eine sehr offene, liberale Familie. Meine Mutter ist Sängerin. Meine Schwestern sind beide ausgebildete Schauspielerinnen. Mein Vater war Elektromonteur bei der Stadt Köln. Alle finden meinen Job gut.

Die schrecklichen Ereignisse in Paris haben möglicherweise etwas mit versäumter Integration zu tun. Wie gut funktioniert Ihrer Meinung nach die Integration von Muslimen in Deutschland?

Dogan Ich glaube, dass Integration auch in Deutschland noch nicht überall richtig funktioniert. Als Türke muss ich mich zum Beispiel immer wieder neu beweisen. Wenn ich sage, ich sei Türke, dann werde ich manchmal so angeguckt, als ob ich ein Mörder oder Macho sei. Um Vorurteile loszuwerden, gibt es bestimmt noch einiges zu tun. Ansonsten fühle ich mich hier sehr wohl und auch gar nicht so anders als die Deutschen.

VIOLA GRÄFENSTEIN FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(vg)
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