Leverkusen AOK vernetzt 73 Ärzte für mehr Qualität

Leverkusen · 53 Hausärzte und 20 Fachärzte sind dem Verbund angeschlossen. Die enge Kooperation und der schnelle, aber geschützte Zugriff auf die Patientendaten soll Doppeluntersuchungen reduzieren und die Versorgung optimieren.

 Start frei für das Ärzte-Netzwerk mit (v.l.) Dr. Manfred Klemm, Dr. Bodo Denhoven, Dr. Wolfgang Hübner, Maria Steels und Matthias Mohrmann.

Start frei für das Ärzte-Netzwerk mit (v.l.) Dr. Manfred Klemm, Dr. Bodo Denhoven, Dr. Wolfgang Hübner, Maria Steels und Matthias Mohrmann.

Foto: Miserius

Durchschnittlich für rund 570 Euro schluckt der Mensch jedes Jahr Medikamente. "Zuviel", meint Dr. Wolfgang Hübner, Hausarzt in Bergisch Neukirchen. Das ist eine Durchschnittszahl und schließt bei der Berechnung auch jene ein, die kerngesund sind. Gerade bei chronisch Kranken kommt da im Laufe der Zeit einiges zusammen, wenn beispielsweise der Hausarzt nicht weiß, was zusätzlich der Facharzt verordnet hat.

Ohnehin solle man bei mehr als fünf Arzneien überprüfen, ob es da nicht zu Kontraindikationen kommt, rät Hübner. So gibt es auch Patienten, die täglich acht bis zehn Pillen schlucken. Zudem: Immer wieder werden aufwendige Diagnosen doppelt gestellt, Blutuntersuchungen mehrfach angeordnet. Um das zu vermeiden, gibt es nun ein "Regionales AOK-Gesundheitsnetzwerk" für Leverkusen, Bergisch Gladbach, Wermelskirchen, Leichlingen und Burscheid - mit dem "die Behandlung von Patienten auf neue Füße gestellt wird", wie es bei der Vorstellung hieß.

Das Netzwerk kann man sich vorstellen wie ein abgeschottetes Internet für derzeit 73 angeschlossene Ärzte, die auf Knopfdruck sich schnell ein Bild von einem Patienten machen können. Auf einer zentralen Datenbank liegen die Informationen und können vom behandelnden Arzt abgerufen werden - unter Einhaltung des Datenschutzes und auch nur mit Zustimmung des Patienten.

Nicht nur das: Es soll auch zu einer besser abgestimmten Terminvereinbarung bei Fachärzten führen und lange Wartezeiten vermeiden helfen. Für Patienten, die mehr als einen Arzt aufsuchen müssen, übernimmt der Hausarzt die "Lotsenfunktion" und kann bei akuten Krankheiten kurzfristig zu einem Facharzttermin verhelfen. Zwar ist das neue System nach über achtjähriger Vorbereitung schon mehr als ein sehr vielversprechender Anfang, aber wenn das Gesundheitsnetzwerk nicht nur auf Mitglieder der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) beschränkt bleibt und nicht auf die Region begrenzt, immer mehr Ärzte mitmachen und vor allem auch die Krankenhäuser eingebunden werden (Gespräche mit dem Leverkusener Klinikum finden derzeit statt), dann entsteht in der Tat ein System, mit dem man letztlich auch den Anstieg der Kosten für die Gesundheit spürbar abmildern kann.

Bei der Vorstellung des AOK-Gesundheitsnetzwerkes nennt Matthias Mohrmann (Vorstand AOK Rheinland) den Vorteil einer besseren Transparenz: "Durch den Einsatz abgestimmter Behandlungswege bauen wir Hürden zwischen Haus- und Facharzt ab. Das ist ein Qualitätsgewinn für die Versicherten." Zurzeit sind 53 Hausärzte und 20 Fachärzte angeschlossen, damit etwa 80 Prozent der in Frage kommenden Mediziner in der Region mit etwa 300 000 Einwohnern (ohne Zahnärzte, Psychologen). Nach und nach sollen es mehr werden bei diesem Netzwerk, das ein wenig in Konkurrenz zur bundesweiten Gesundheitskarte steht, die sich bislang nicht richtig durchgesetzt hat. "Oft kommt ein Patient und hat sie schlicht vergessen", schildert Hübner, der auch Vorstand im Regionalen Gesundheitsnetz Leverkusen EG ist und bei der IT-Vernetzung einer der Vorreiter, den Alltag in seiner Praxis. Von dem Netzwerk profitieren zunächst nur AOK-Mitglieder; es ist aber so offen ausgelegt, dass sich weitere Krankenkassen für ihre Mitglieder daran beteiligen können. Damit dann nicht weiterhin unnötig Pillen geschluckt, Blut abgenommen und mehrfache Untersuchungen vorgenommen werden.

(RP)
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