Aufklärung in Leverkusen Lebenshilfe setzt nach Skandal auf externe Berater

Nach dem vom Fernsehsender RTL aufgedeckten Skandal in der Lebenshilfe-Werkstatt in Leverkusen sehen die Verantwortlichen keinen Fehler im System. Nun sollen externe Fachleute analysieren, wo Verbesserungsbedarf besteht.

Team Wallraff: RTL deckt Missstände in Lebenshilfe-Einrichtungen auf
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Misshandlungsvorwürfe gegen Lebenshilfe

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Foto: RTL

Das "Team Wallraff" hatte heimlich gefilmt, wie Betreuer eine geistig behinderte junge Frau in der Einrichtung entwürdigend behandelten. Nach bisherigem Stand "handelt es sich um das Fehlverhalten Einzelner, das in einem eingegrenzten räumlichen Umfeld stattgefunden hat", teilte Frank Stein, Vorsitzender des Aufsichtsrates, am Dienstag in einem Pressegespräch mit. "Ähnliches Verhalten anderer Mitarbeiter und in anderen Bereichen unserer Einrichtungen ist uns nicht bekannt."

Die Lebenshilfe hatte nach Ausstrahlen der Sendung am 20. Februar sofort zwei Mitarbeiter von der Arbeit freigestellt. Inwieweit anderen Mitarbeitern ein Fehlverhalten vorzuwerfen sei, müsse ermittelt werden. "Mit der Unterstützung externer Fachleute klären wir die Geschehnisse rigoros auf, analysieren die bestehenden Abläufe, ermitteln die erforderlichen Maßnahmen und werden diese konsequent umsetzen, was teilweise bereits geschehen ist", berichtet Stein.

Psychologische Beratung und eine anonyme externe Hotline

Dazu gehörten der Einsatz einer externen psychologischen Beratung für den betroffenen Bereich, die Begleitung der gesamten Einrichtung durch eine externe Unternehmensberatung und die Freischaltung einer anonymen externen Hotline, an die sich Behinderte, ihre Verwandten und Freunde, aber auch Lebenshilfe-Mitarbeiter rund um die Uhr wenden können.

Ein solches anonymes Ombudswesen hatte auch der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen (BVKM) vorgeschlagen, bei dem unter anderem die Lebenshilfe im Rheinisch-Bergischen Kreis Mitglied ist. Diese ist Gesellschafter an den Lebenshilfe-Werkstätten Leverkusen/Rheinberg. "Die Hotline ist zunächst für drei Monate geschaltet", berichtet Eva Lux, die Vorsitzende des Lebenshilfe-Vereins Leverkusen. Dann werde ausgewertet, wie stark die Telefonberatung genutzt werde. "Bei Bedarf werden wir sie auch länger schalten."

Die Stimmung in der Bürriger Werkstatt sei weiterhin angespannt. Auch aufgrund der "Angst machenden Drohungen", die etliche Mitarbeiter vor allem per E-Mail erhalten hätten. Und die man ernst nehmen müsse. "Es sind hier plötzlich fremde Männer aufgetaucht, die wissen wollten, wo die Gruppe sei, in der Behinderte schlecht behandelt würden. Die Mitarbeiter dort sollten jetzt mal was erleben", berichtet Lux. Man habe sofort die Polizei gerufen, die auch weiterhin ein Auge nicht nur auf die Bürriger Einrichtung, sondern auf alle Lebenshilfe-Einrichtungen habe.

Gekündigt habe noch kein Mitarbeiter

"Die behinderten Mitarbeiter verstehen zwar die Zusammenhänge nicht immer, aber sie sind sehr sensibel und spüren, dass etwas anders ist", sagt Martina Kaiser, die im Aufsichtsrat der Lebenshilfe im Rheinisch-Bergischen Kreis sitzt. Gekündigt habe angesichts des Skandals kein Mitarbeiter, sagt Stein. "Bis auf die behinderte junge Frau, die im Film auftaucht, sind auch noch alle Beschäftigten mit Behinderungen bei uns geblieben."

Man setze jetzt auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. "Fest steht, dass die zwei freigestellten Mitarbeiter auf keinen Fall mehr in einer Lebenshilfe-Einrichtung arbeiten werden", kündigt Stein an.

(sug)
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