Meerbusch Camping: Eine Auszeit aus dem Alltag

Meerbusch · An der Rheinfähre in Langst-Kierst liegt Meerbuschs Campingplatz. Mitten in der Natur schlagen Hartgesottene ihre Zelte auf, schaffen sich Städter einen Zufluchtsort zum Müßigsein - ein Rundgang.

 Bräunen und Abschalten: Viele Touristen - auch aus Deutschland - verbringen ihren Urlaub auf dem Camping-Platz in Langst-Kierst.

Bräunen und Abschalten: Viele Touristen - auch aus Deutschland - verbringen ihren Urlaub auf dem Camping-Platz in Langst-Kierst.

Foto: Achim Hüskes

Im ländlichen Langst-Kierst führt die Straße zur Rheinfähre zum abgelegenen "Rheincamping Meerbusch". Oben vom Deich aus sieht der Platz im Naturschutzgebiet wie ein idyllisches Wohnwagendörfchen aus. Der Ausblick auf die Ruinen der von Kaiser Friedrich Barbarossa im Jahre 1184 erbauten Pfalz lädt zum Schwelgen ein. Über das Wasser tuckern Ausflugsdampfer und Tanker. Der Düsseldorfer Stadtteil Kaiserswerth gewinnt von der anderen Rheinseite noch einmal an Romantik hinzu.

 Familie Kemp-Marquis aus Düsseldorf hat sich in den Schatten ihres Vorzeltes zum Spielen zurückgezogen.

Familie Kemp-Marquis aus Düsseldorf hat sich in den Schatten ihres Vorzeltes zum Spielen zurückgezogen.

Foto: Hüskes, Achim (achu)

Es ist 14 Uhr, Mittagspause. Die Rezeption ist zurzeit nicht besetzt. Rainer Breitbach, einer der Inhaber der Camping-Anlage, kann ein wenig verschnaufen. Im Auge hat er stets den Eingang zur Strandbar Tropicana. Es ist viel los, die sommerliche Hitze lockt viele Besucher an. "Gerade unsere Branche ist stark vom Wetter abhängig", sagt Breitbach. Unbeständige Verhältnisse, Regen oder Ereignisse wie der Pfingststurm halten Kunden fern. "Wir können die Schwankungen und damit die Einbußen jedoch immer wieder bei gutem Wetter ausgleichen." Das Geschäft rentiert sich. Breitbach (39) und Markus Brix (43) haben 2008 das Areal übernommen. Beide kommen aus der Hotellerie, sahen in der Camping-Branche jedoch mehr Wachstumspotenzial.

 Camping ganz klassisch: VW-Bus mit Schlafkabine, Grill mit Kohleresten vom Vorabend und trocknende Badetücher.

Camping ganz klassisch: VW-Bus mit Schlafkabine, Grill mit Kohleresten vom Vorabend und trocknende Badetücher.

Foto: Hüskes, Achim (achu)

Das Gelände umfasst 200 Touristen- und 100 Dauercamper-Plätze. Jedes Jahr werden durchschnittlich 11 000 Übernachtungen (ohne Dauercamper) verbucht. Ende August ist die Nachfrage besonders hoch, wenn in Düsseldorf die Messe "Caravan Salon" stattfindet. Die Saison dauert von April bis Mitte Oktober, dann wird der Platz wegen Hochwassergefahr in Containern abtransportiert. Nur welchen Reiz hat Rheincamping? Ein Rundgang liefert Antworten: Gegenüber dem Volleyballnetz stehen zwei Zelte im Touristenbereich. Eine fünfköpfige Familie aus der Schweiz kommt vom Schwimmen zurück. "Wir machen eine Rheintour mit dem Fahrrad", sagt Thomas Held. Das sei einfach und günstig. Für einen schönen Urlaub brauche man nicht viel. Seine 17-jährige Tochter Leandra sagt: "Wir sind heute sehr früh von Köln aus aufgebrochen. Die Fahrt ist anstrengend und abenteuerlich zugleich." Am nächsten Tag geht es weiter in Richtung Niederlande, dorthin wo der Rhein in die Nordsee mündet. Der Fluss ist ihr Wegweiser.

Nicht weit weg stehen drei Reisemobile aus Belgien nebeneinander, eine Familie, drei Generationen. "Es ist schön, keine separaten Zimmer wie im Hotel zu haben", sagt Jolien Lefebvre (22). Mit dem Wohnwagen unterwegs zu sein, bedeute Flexibilität, erklärt ihr Freund Bart Victor. Der Urlaub sei weniger reguliert. Frühstücksbuffet in der Zeit von so und so? Das Klopfen vom Zimmerservice? Nein, für die Belgier ist das nichts. Um sie herum sind Wohnmobile mit deutschen Kennzeichen und eins aus Großbritannien. Das Modell ist ein "bürstner elegance 821i". Innendrin: drehbare Pilotensitze mit beigem Leder, darüber ein elektrisches Hub-Bett und eine Mini-Bar. Andy Myers hat sich hier mit seinem Hund Sprocket zurückgezogen. "Wir gehen viel am Rhein spazieren", sagt Myers. Vor kurzem war er noch in Irak für eine Sicherheitsfirma als Bodyguard im Einsatz. Am Rhein will er abschalten. Den sozialen Kontakt sucht er nicht. Auch das ist auf dem Campingplatz möglich.

Szenenwechsel bei den Dauercampern: Wäscheleinen, Gießkannen und Steinterrassen prägen das Bild. Hier ist es nicht so spartanisch wie beim Zelten, nicht so technisch ausgefeilt wie in manchen Wohnmobilen. Es soll gemütlich sein. Die Beziehungen sind enger - wie die zwischen den "Campianers". Fünf Parteien zählen hierzu, Familie Kemp-Marquis aus Düsseldorf-Kaiserswerth ist eine davon. Ihr Platz ist in der ersten Reihe am Rhein, nur wenige Meter von einer Strandbucht entfernt. "Für uns bedeutet Campen Aussteigen auf Zeit", sagt Nicole Kemp-Marquis. Mit ihrem Sohn Joshua (12) und Ehemann Jörg sitzt sie im Schatten ihres Vorzeltes. Um sie herum stehen flatternde Sonnenschirme in knall-orange, eine Lounge aus Paletten und ein Buddha-Altar. Die 50-Jährige ist Bali-Fan und holt sich den asiatischen Flair an den Rhein. So wie viele andere beschreiben Kemp-Marquis' ihre Leidenschaft zum Campen mit Freiheit, stets mit einem gewissen Vorbehalt. So als wäre das Wort in dem Zusammenhang unpassend. Was sie meinen, ist, den Alltagstrott hinter sich lassen, den Stress und die Routine. Sie leben in den Tag hinein und schmeißen in lässigen Klamotten den Grill an. Vorbei an dem Herrn in Badelatschen, der vergeblich die Satellitenschüssel für den Empfang hin und her justiert, gelangt man zu Gertrud Schiffer. Sie sitzt unter einer Birke und liest ein Buch: "Der Baum ist mein Sonnenschirm", sagt die 76-jährige Krefelderin. Ihr erster Urlaub nach dem Zweiten Weltkrieg mit ihren Eltern war auf einem Campingplatz. Bis heute ist sie dieser Erholungsform treu geblieben. "Ich genieße die Zeit im Freien. Im Winter hockt man oft genug in der Wohnung", sagt Schiffer. Auch sie lässt das urbane Klima hinter sich, dessen Hast und Enge - so wird der Rhein zu einem Zufluchtsort, der nicht weit weg sein muss.

(RP)
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