Interview: Angelika Mielke-Westerlage "Es kommen schmerzliche Entscheidungen"

Meerbusch · Die Bürgermeisterin hat sich intensiv mit den Belangen der Stadt vertraut gemacht und erste Pläne angestoßen

 Angelika Mielke-Westerlage ist in ihrem Amt angekommen und arbeitet sich nun in die verschiedenen Themen ein. Beim Haushaltsentwurf sieht sie großen Diskussionsbedarf.

Angelika Mielke-Westerlage ist in ihrem Amt angekommen und arbeitet sich nun in die verschiedenen Themen ein. Beim Haushaltsentwurf sieht sie großen Diskussionsbedarf.

Foto: Achim Hüskes

Wir haben Ihnen etwas mitgebracht: Die Vorschläge unserer Leser, wo sich Meerbusch für kleines Geld verbessern könnte.

Angelika Mielke-Westerlage Vielen Dank. Ich habe Ihre Berichterstattung mit Interesse verfolgt, zu dem, was sich die Bürger wünschen. Ich selbst habe auch viele E-Mails und Briefe erhalten. Vor allem sind es Dinge wie weitere Dog-Stations, mehr Sauberkeit, mehr Abfallbehälter und mehr Bänke. Im Wahlkampf habe ich immer wieder erfahren dürfen, dass Bürger gerne in Meerbusch leben und es insbesondere kleine Dinge sind, die sie sich ergänzend wünschen. Ich habe die Anliegen notiert, vieles lässt sich davon umsetzen. Erste Wünsche haben wir auch bereits erfüllt, wie etwa eine Außenbeleuchtung für das neue Feuerwehr-Gerätehaus in Langst-Kierst. Die anderen werden nach und nach abgearbeitet. Für Bösinghoven habe ich meine Mitarbeiter gebeten, eine Lösung zu finden, bei Regen auch ohne Gummistiefel ins Festzelt gelangen zu können.

Die Ratsmehrheit aus CDU und Grünen will dafür einen fünfstelligen Etat durchsetzen. Würden Sie einem entsprechenden Antrag zustimmen?

Mielke-Westerlage Grundsätzlich würde ich es begrüßen, pauschale Mittel zur Verfügung zu haben, um auch kurzfristig auf kleinere Wünsche unserer Bürger reagieren zu können. Ja, ich würde dafür stimmen. Mir ist es wichtig, dass wir ein attraktives und ansprechendes Stadtbild haben.

Würde dieser Bürgeretat zu Lasten des Grünflächenamtes gehen?

Mielke-Westerlage Nein, das halte ich nicht für vertretbar und auch für kontraproduktiv. Wir müssen sehen, wie wir die Finanzierung ermöglichen. In dem einen oder anderen Fall kann sicherlich auch die Bürgerstiftung "Wir für Meerbusch" helfen, wie etwa bei der Beschaffung von Bänken. Ich habe bereits Kontakt mit dem Vorsitzenden aufgenommen. Man kann auch über Patenschaften für Bänke im öffentlichen Raum nachdenken.

Seit Juni sind Sie offiziell Bürgermeisterin, Ihre erste Amtshandlung war die Umgestaltung Ihres Büros. Fühlen Sie sich bereits im Amt angekommen?

Mielke-Westerlage Ich fühle mich im Bürgermeisterbüro sehr wohl. Ich habe aus meinem bisherigen Büro in Osterath mein Sideboard, meinen Schreibtisch und Bürostuhl und meine Pflanzen mitgebracht und mit Teilen des Mobiliars von Herrn Spindler kombiniert. Es sind keine neuen Möbel angeschafft worden, es wurde nur renoviert.

Gab's mittlerweile auch mal eine Sekunde, in der Sie bereut haben, das Amt angenommen zu haben?

Mielke-Westerlage Ich bin erst seit einem Monat im Amt. Die großen Herausforderungen liegen noch vor mir. Fragen Sie mich das noch mal in einem Jahr.

Wie haben Sie denn die ersten Tage als Bürgermeisterin genutzt?

Mielke-Westerlage Ich habe mich nach und nach mit den einzelnen Fachbereichen zusammengesetzt und mich informiert, wie der Stand von laufenden Projekten ist, welche neuen Maßnahmen anstehen, welche Erwartungen an mich gestellt werden und habe genauso meine mitgeteilt. Das Ergebnis der Gespräche ist ein ganzer Block voller Notizen. Auf meiner verwaltungsinternen Rundreise fehlt mir nur noch der Fachbereich "Straßen und Kanäle". Es hat auch Gespräche mit Externen gegeben: Vertretern von Unternehmen, der Industrie- und Handelskammer, dem japanischen Generalkonsul und der Bürgerinitiative gegen Fluglärm.

Es gibt viele Bereiche, in denen wichtige Entscheidungen anstehen. Worauf bereitet sich die Verwaltung jetzt während der Sommerpause vor?

Mielke-Westerlage Zunächst einmal wollen wir unsere neue Rats-Mannschaft bestmöglich auf ihre Aufgaben vorbereiten. 16 der 52 Ratsmitglieder sind neu im Amt, wir haben zahlreiche neue sachkundige Bürger. Für sie bieten wir drei Workshops an zu den Themen "Straßen, Bauen und Grünflächen", "Stadtplanung" sowie "Haushalt und Organisation".

Und was steht sonst an wichtigen Themen auf dem Programm?

Mielke-Westerlage Im Hochbaubereich wird derzeit die Planung für den Nachfolgebau der Müffelkita Knirpsmühle erstellt. Der Umbau der ehemaligen Raphael-Förderschule zu einer Kindertagesstätte mit Großtagespflege und Räumen für den offenen Ganztag der Martinusschule ist abgeschlossen. Ab 1. August beginnt der Kita-Betrieb in Strümp, so dass sich die Versorgung deutlich verbessern wird. Zudem sind wir mit Themen wie einem Kunstrasenplatz in Lank, der Sanierung des Hallenbades und einer nötigen Dachsanierung des Meerbusch-Gymnasiums und der Erstellung eines Jugendförderplanes beschäftigt.

Wie sieht es aus mit dem Haushalt?

Mielke-Westerlage Ich arbeite mich im Moment durch den Haushaltsentwurf fürs kommende Jahr. Die Anmeldungen der einzelnen Fachbereiche liegen mir vor...

...vermutlich mit einem dramatischen Defizit?

Mielke-Westerlage Aktuell wäre es ein zweistelliger Millionenbetrag. Das können wir natürlich nicht als Entwurf in den Stadtrat einbringen. Also: Bei vielen Punkten gibt es verwaltungsintern noch großen Diskussionsbedarf. Da sind noch viele schmerzliche Entscheidungen zu treffen.

Trotzdem wird sich Meerbusch im kommenden Jahr weiter verschulden, oder?

Mielke-Westerlage Seit fünf Jahren haben wir in Meerbusch einen defizitären Haushalt. Das kann langfristig nicht so weitergehen. Allerdings bin ich mir bewusst, dass es nicht gelingen kann, von heute auf morgen eine schwarze Null zu erreichen. Bund und Land sind dringend gefordert, für eine Entlastung der Kommunen zu sorgen, statt ihnen immer wieder neue und nicht finanzierte Aufgaben aufzubürden.

Was wollen Sie persönlich noch vor dem Jahresende realisieren?

Mielke-Westerlage Dass wir viele Projekte angestoßen und auf die Gleise gesetzt haben. Da denke ich insbesondere an die Grundschul-Situation in Osterath. Wir kommen angesichts der Schülerzahlen nicht drumherum, zu einer Neuordnung zu kommen. Mein Ziel ist es, ab Sommer 2016 einen Grundschulverbund im Gebäude der Hauptschule einzurichten. Nach dieser Entscheidung müssen wir überlegen, wie wir immobilienwirtschaftlich mit freien Gebäuden verfahren.

Sie haben angekündigt, Bürgermeisterin für alle zu sein. Das bedeutet, dass Sie bei der einen oder andern Position auch auf Distanz Ihrer eigenen Partei gehen müssten. Gibt es im schwarz-grünen Kooperationsvertrag Punkte, die Sie kritisch sehen?

Mielke-Westerlage Ich habe mich bewusst nicht an den Kooperationsverhandlungen beteiligt, um meine Neutralität zu wahren. Die Inhalte des Vertrages finde ich vernünftig, zumal die Vorhaben auch nicht weit von den Interessen der übrigen Parteien liegen. Manches muss allerdings unter Berücksichtigung der finanziellen Auswirkungen geprüft werden, etwa die Forderung nach Kitas, die bis 19 Uhr öffnen, in jedem Stadtteil zu haben. Dort müssen wir schauen, ob und unter welchen Voraussetzungen das realisierbar ist. Das gleiche gilt auch für die mögliche Einführung von Parkgebühren; hier müssen sorgsam die Auswirkungen geprüft werden, um eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu haben.

Bevor es richtig losgeht, machen Sie nun zwei Wochen Urlaub. Können Sie dabei abschalten, oder nehmen Sie Ihr Dienst-iPad mit?

Mielke-Westerlage Das nehme ich immer mit. Und ich werde auch in Kontakt mit meiner Büroleiterin bleiben. Ganz abschalten geht eben nicht. Meine E-Mails werde ich regelmäßig checken, auch wenn ich sie nicht alle beantworten werde. Ein bisschen Erholung muss auch sein.

CHRISTINA WAGEMANNS UND MARTIN RÖSE FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(RP)
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