Meerbusch Diskussion um ehemaliges HJ-Heim

Meerbusch · Nachdem die Grünen im Kulturausschuss die Sprache auf die Nazi-Vergangenheit des Büdericher Verwaltungsgebäude und ein verborgenes Fresko gebracht haben, plädieren Experten dafür, dort eine kleine Gedenkstätte zu errichten.

 Für das Foto posieren Angehörige des Bund deutscher Mädel. Sie wurden damals als Arbeitskräfte eingesetzt. Das frühere HJ-Heim diente auch als Arbeitsdienstlager.

Für das Foto posieren Angehörige des Bund deutscher Mädel. Sie wurden damals als Arbeitskräfte eingesetzt. Das frühere HJ-Heim diente auch als Arbeitsdienstlager.

Foto: Stadtarchiv Meerbusch

Die Grünen hatten vor einigen Tagen einen zweiten Anlauf genommen, die Nazi-Vergangenheit des Verwaltungsgebäudes am Dr.-Franz-Schütz-Platz sichtbar zu machen. Ein erster Versuch im Herbst 2011 war noch einiger Zeit im Sande verlaufen.

Damals waren 2500 Euro in den Haushalt eingestellt worden, um mit einer Gedenktafel daran zu erinnern, dass das Verwaltungsgebäude 1938 als HJ-Heim eingeweiht wurde. Die Stadt hatte sich an den Landschaftsverband Rheinland gewendet. Dieser forderte ein Gesamtkonzept für das Gebäude. Das Projekt war dann eingeschlafen. Offiziell wurde es zurückgestellt, nachdem 2014 beschlossen wurde, das gesamtstädtische Konzept zu überarbeiten.

Dabei gibt es in Meerbusch genügend Experten, die auf dem Gebiet der Denkmalpflege und der Bauhistorie kundig sind. Einer davon ist Norbert Schöndeling. Der Professor am Institut für Baugeschichte und Denkmalpflege an der Fachhochschule Köln sagt: "In der Denkmalpflege geht es darum, Geschichtsquellen für die Nachwelt zu erhalten." Wichtig sei dabei auch, aus allen Lebensbereichen Zeugnisse zu erhalten, unabhängig davon, ob sie einem nun gefallen ober nicht. "Wir brauchen diese Erinnerungskultur."

Für Diskussionen sorgt vor allem der Umgang mit einem etwa 2,50 Meter mal vier Meter großem Fresko im Foyer. Es ist übermalt und zeigt eine alte Bilderkarte von Büderich. Dabei ist beispielsweise im Mittelpunkt des Bildes ein Hitlerjunge in schwarzer Uniform zu sehen, der eine Fanfare mit Fahnentuch und einer S-Rune zeigt. Auch die Darstellung einiger anderer Figuren sowie die Ästhetik des Bildes sind von der Nazizeit geprägt. Die Frage, ob das Bild zutage gefördert werden soll, wird vor allem von älteren Bürgern strikt abgelehnt. "Man sollte es so belassen oder entfernen", sagt beispielsweise RP-Leser Bernd Opderbeck.

Mit Zurückhaltung hatte sich auch Just Gérard, technischer Beigeordneter, über das Fresko geäußert. "Eine komplette Freilegung halte ich für eine zu große Geste." Bereits bei früheren Diskussionen hatte es Kritiker einer möglichen Präsentation gegeben. Sie äußerten die Befürchtung, dass durch die Freilegung des Freskos eine Art Wallfahrtsort für Neonazis entstünde. Schöndeling hält dies für abwegig. Er sagt auch: "Es gibt immer wieder Spinner, die aber glücklicherweise nicht die Mehrheitsmeinung vertreten." Von dieser Minderheit dürfe man sein Verhalten nicht abhängig machen. Er betont auch, dass dies schließlich nur eine kleine Gedenkstätte wäre. Im Stadtarchiv gebe es weitere Fotodokumente, die zusammen mit einordnenden Texten dazu verwendet werden könnten.

Ein weiterer Experte für derlei Fragen ist der ehemalige Denkmalpfleger und Leiter der Bauaufsicht, Reinhard Lutum. Er findet es wichtig, die Frage, wie der Geschichte des Gebäudes gedacht wird, offen zu diskutieren. Auch er findet es wichtig, dass das Original-Bild nicht verloren geht. Allerdings bedeute dies nicht unbedingt die Freilegung des Freskos, sagt Lutum. Eine moderne Möglichkeit das Bild sichtbar zu machen, sei beispielsweise eine Wandprojektion. Zusammen mit Fotos und guten erklärenden Texten sei dies eine Lösung, die nicht allzu viel Geld koste, die aber gut funktionieren könne. Darüber hinaus empfiehlt er, sich Rat beim Landeskonservator und dem Amt für Museumsberatung einzuholen.

(RP)
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