Instawalk durch Mönchengladbach Die Stadt im Auge des Betrachters

Mönchengladbach · Mit mehreren Interessierten und dem Handy durch Mönchengladbach gehen und das, was man dort sieht, fotografisch festhalten und auf Instagram posten: Unsere Autorin hat sich auf einen sogenannten "Instawalk" begeben. Ihre Eindrücke von der Stadt sehen Sie hier.

Eindrücke vom ersten Gladbacher Instawalk
6 Bilder

Eindrücke vom ersten Gladbacher Instawalk

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Foto: Vittinghoff Marei

Vor der Kaiser-Friedrich-Halle liegt ein Schokoriegel. Vielleicht einmal abgebissen, die Hälfte ist noch da. Die schokoladige Hülle ist vom Kauen zersplittert, die Füllung quillt leicht hervor. Der graue Boden ist nun sein zu Hause, hier wurde er achtlos zurückgelassen. Einfach weitergehen? Sich über den Dreck beschweren und lauthals über die Stadt schimpfen? Nein. Fotografieren. Einmal "Klick", ein paar Handgriffe, schon ist sein Abbild im Internet zu finden. Ähnliches passiert mit einer Bierflasche, aufgeweichtem Papier vor dem Bordstein oder zerplatzten Luftballons in Grün, Blau und Rosa. Entdecken, Perspektive auswählen, bearbeiten, hochladen. Welche Eindrücke unsere Autorin auf dem Instawalk gesammelt hat, sehen Sie auf unserem Instagram-Account.

Natürlich zählen all diese Momentaufnahmen oder Stillleben nicht gerade zu den Dingen, die man sich von seiner Stadt in das eigene Wohnzimmer hängen möchte. Aber sie sind eben da. Und allein deswegen können sie aus dem richtigen Blickwinkel und mit der nötigen Liebe fotografiert zu kleinen Kunstwerken werden. Die Betreiber des Internet-Blogs "MG anders sehen" luden ein, Gladbach mit der App "Instagram" neu zu entdecken.

Von Menschen, die stehenbleiben, sich umschauen, fotografieren und sich für das perfekte Foto auch mal hinknien oder die Arme in die Höhe strecken, sieht man an diesem Sonntag eine ganze Menge. Grund ist ein von Hannah von Dahlen und Lara Valsamidis organisierter Insta-Walk - eine "Digitalsafari durch Mönchengladbach". Auf der Internet-Bilder-Plattform "Instagram" betreiben die beiden den Blog "mg_anders_sehen". Die Bilder, die sie dort veröffentlichen, zeigen die Heimat Mönchengladbach, wie man sie selten sieht. Nicht, weil die gezeigten Orte gut versteckt oder schwierig zu erreichen sind. Sondern weil sie Ausschnitte als Hauptmotiv zeigen, die sonst beim schnellen Gang durch die Stadt schlicht und einfach übersehen werden.

Den Teilnehmern Zeit und Raum bieten, diese Winkel der Stadt mit dem Smartphone selbst aufzunehmen und für sich zu entdecken - das soll nun der Insta-Walk schaffen. Los geht um 11 Uhr von der "Alten Tanke" Ecke Sittardstraße/Kaiserstraße. 13 Teilnehmer, zwölf Erwachsene und ein fast zweijähriges Kind im Kinderwagen haben sich dort versammelt. "Achtet auf den Straßenverkehr und schaut nach oben und nach unten. Ihr könnt den Schwerpunkt auf Details legen oder alles mitnehmen. Überall lässt sich etwas finden", sagt von Dahlen zur Begrüßung. Dann geht es los: am Schillerplatz vorbei durch das Gründerzeitviertel, entlang der Kaiser-Friedrich-Halle in den Bunten Garten, die Blücherstraße lang zum Adenauerplatz, um das Minto herum in den Hans-Jonas-Park, das Münster erblickend durch den Geropark und schließlich zur Kulturküche. Natur ist dabei, Architektur und Streetart.

Ob man sich hinter der Gruppe zurückfallen lassen möchte oder vorne mitziehen will, kann jeder selbst bestimmen. Und auch die Motive sind frei wählbar. Manch einer sucht bewusst den Dreck, andere stöbern bevorzugt nach Ästhetik und Postkartenmotiven. Architekt Matthias Lawin liebt Detailfotos, vor allem solche mit vielen Ziegeln. "Ich finde es spannend zu sehen, wie verschiedene Materialien im Laufe der Zeit miteinander kombiniert werden, ohne, dass sich jemand etwas dabei gedacht hat", sagt er. Miriam Lessmann achtet verstärkt auf Türen: "Große, alte mit Eisendetails finde ich toll", sagt sie. Pascal Bulle hingegen geht einfach drauflos. "Ich lasse mich inspirieren von dem, was hier ist", sagt der Instagram-Nutzer.

Mal völlig ungefiltert, mal durch angepasste Sättigung, Helligkeit, Wärme oder andere Effekte verändert, werden die Bilder noch während des Laufs hochgeladen und mit den Hashtags "#instawalkmg01" und "#mg_anders_sehen" versehen. So können die Stationen durch andere Nutzer in Echtzeit mitverfolgt werden, hinterher jedoch auch gebündelt nach der Eingabe dieser Schlagwörter gefunden werden.

"Jetzt läuft man gleich anders durch die Stadt", sagt Teilnehmerin Vera Funk nach der gemeinsamen Besprechung der Bilder in der Kulturküche. Und tatsächlich: Plötzlich scheint auch auf der Waldhausener Straße alles zum Motiv zu werden: die Plakate, die Pflastersteine, die Speisekarten der Restaurants. Schon hunderte Male gesehen. Aber vorbeigehen? Wie könnte man. Es gibt doch so viel zu entdecken.

(RP)
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