Mönchengladbach Immer mehr psychisch Kranke

Mönchengladbach · Das Institut für betriebliche Gesundheitsförderung der AOK stellt in einer Umfrage fest: Seit 2006 nehmen immer mehr Arbeitnehmer Krankheitstage. Hinter den vielseitigen Krankheitsbildern stecken häufig psychische Ursachen.

Der Trend ist unverkennbar: Deutlich zeigt die Kurve in einer sanften Steigung nach oben. Seit 2006 hat sich die Zahl der Krankheitstage der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer unter den AOK-Mitgliedern von 65,09 auf 104,99 Tage pro 100 Versicherten erhöht. Noch nehmen zwar Erkrankungen der Atemwege, unter die auch der grippale Infekt fällt, und des Muskel-Skelett-Systems als Ursache krankheitsbedingter Fehltage die Spitzenplätze ein. Aber hinter den Symptomen stecken oft psychische Ursachen.

Die Zahlen für das erste Halbjahr 2010 hat das Institut für betriebliche Gesundheitsförderung, eine Tochter der AOK Rheinland/ Hamburg, gestern präsentiert. Basis der Auswertung waren die Daten von 19 688 versicherungspflichtig beschäftigten AOK-Versicherten. Demnach hat sich das Niveau des Krankenstands innerhalb des Entgeltfortzahlungszeitraums auf ein erhöhtes Niveau von 3,67 Prozent stabilisiert. Auffällig ist der Anstieg des Krankengeld-Krankenstands von 1,66 Prozent im ersten Halbjahr 2009 auf 1,72 Prozent in 2010.

Höherer Altersdurchschnitt

Den Grund für die Entwicklung sieht Gregor Mertens vom Institut für betriebliche Gesundheitsförderung zum einen in der demografischen Entwicklung. "Immer mehr Menschen werden in ihren Betrieben alt werden", ist Mertens sicher. Lag der Altersdurchschnitt in den Betrieben 2006 bei 37,7 Jahren, liegt er 2010 bei 38,4 Jahren. "In zehn Jahren werden wir bei etwa 45 Jahren liegen", ist Mertens sicher. Ältere Mitarbeiter werden zwar nicht so oft krank wie jüngere, aber die Krankheitsdauer ist oft länger.

Zum anderen dauert die Behandlung psychischer Erkrankungen länger. "Es gibt oft Schwierigkeiten, den geeigneten Therapeuthen zu finden", sagt Marico Preisel, stellvertretender Regionaldirektor der AOK, "Da kann eine Wartezeit von sechs Monaten vorkommen." Bis ein passender Therapie- oder Kurplatz gefunden werde, sei der Arbeitnehmer oft arbeitsunfähig.

Zudem dauert es oft eine Zeit, bis die Diagnose einer psychischen Erkrankung gestellt wird. "Neben körperlichen Belastungen sind es auch psychische Belastungen am Arbeitsplatz, die hinter Muskel- und Skelett-Erkrankungen stecken können", sagt Mertens. "Unter dem Druck in den Betrieben sind die Menschen innerlich angespannt. Als Folge verspannen sich die Muskeln." Ein häufiges Signal sind Rückenschmerzen. Jeder siebte Mann und jede fünfte Frau leide unter chronischen Rückenschmerzen, berichtet Mertens.

Gesunde Mitarbeiter werden für die Betriebe immer wichtiger, vor allem, wenn der Fachkräftemangel voll durchschlägt. "Betriebe sollten mit einem umfassenden Konzept die Gesundheit ihrer Mitarbeiter fördern", rät Mertens. Dazu gehörten nicht nur punktuelle Kurse, sondern auch ein Wandel der Kommunikationskultur der Betriebe.

(RP)
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