Kolumne Mensch Gladbach Jetzt mal Scherz beiseite ...

Mönchengladbach · Wahrheit und Witz sind oft nur schwer zu unterscheiden. Zum Beispiel, wenn es um geklaute Laufvögel, wundersame Geldvermehrung oder Serien-Stars im Rathaus geht. Die Enthüllung ist eben nicht jedermanns Sache.

Mit dem April ist das ja so eine Sache. Denn er macht nicht nur beim Wetter was er will (brr, viel zu kalt, finden Sie auch?) - er sorgt gleich zum Start für Verwirrung. Irgendjemand hat sich nämlich irgendwann das mit den Scherzen zum Monatsbeginn ausgedacht. Und die sind meist eher mäßig witzig. Schlauerweise lässt man also besser die Finger davon, wenn man nicht Dieter Nuhr heißt oder ein Komiker ähnlichen Kalibers ist. Nur hält sich daran nicht jeder. Deshalb bleibt unklar, was Scherz und was Wahrheit ist.

Als zum Beispiel vor einer Woche, also just am 1. April, die Polizeimeldung ins elektronische Postfach flatterte, im Odenkirchener Zoo sei ein Nandu verschwunden, genauer gesagt, von Unbekannten gestohlen worden, sortierten wir das klar in die Kategorie Aprilscherz ein. Wer bitte kommt auf die Idee, den größten Vogel der westlichen Welt - bis zu 25 Kilogramm schwer und 1,40 Meter groß - zu entführen? Und vor allem: Warum? Als der Scherz am Sonntag noch immer nicht aufgelöst war, dämmerte uns, dass in Mönchengladbach das Undenkbare möglich ist. Jetzt hoffen wir, dass es nicht Öfen in der Größe eines Nandu-Osterbratens gibt.

Kein Scherz sind auch die neuen 50-Euro-Scheine. Ob sich der Geldfälscherring, der von einer SEK-Truppe in Gladbach ausgehoben wurde, darauf spezialisiert hat, wissen wir nicht. Keinesfalls ernstzunehmen sind aber Gerüchte, die Gelddrucker seien im Auftrag der städtischen Haushaltssanierung aktiv gewesen. Die wiederum ist Realität, sogar Pflicht. Spätestens 2018 muss Kämmerer Bernd Kuckels (sofern der FDP-Mann unter schwarz-roter Stadtregierung im Amt bestätigt wird) einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, in dem sich Einnahmen und Ausgaben die Waage halten. So schreibt es der Stärkungspakt des Landes vor, aus dem etliche Millionen Euro nach Mönchengladbach geflossen sind und noch fließen werden.

Wird der Ausgleich des städtischen Etats wirklich gelingen? Da hält man sich bei den Stadtverantwortlichen noch bedeckt. Wie es überhaupt mit der Transparenz im Rathaus nicht so weit her ist. Da entscheidet sich der Stadtrat dafür, die Ratssitzungen per Web-TV zu übertragen - das aber nur live. Für die Aufzeichnung wird das Werk so zusammengeschnippelt, dass es allenfalls als dadaistische Videokunst durchgeht. Weshalb? Etliche Ratsleute und der komplette Verwaltungsvorstand (Oberbürgermeister und Dezernenten) stimmten dagegen, Teil der Aufzeichnung sein. Nicht einmal ein Foto der Live-Übertragung darf man verbreiten. Sonst gibt's vermutlich den nächsten SEK-Einsatz. Sie halten das für einen Aprilscherz? Falsch.

Weitaus erfreulicher ist die Enthüllung der Woche: Der weltbekannte Verhüllungskünstler Christo wird 2018 nach Mönchengladbach kommen. Wenn alles gut geht, sogar punktgenau zur Eröffnung der neuen Textilakademie. Der Grundstein für das 20-Millionen-Euro-Projekt ist am Dienstag gelegt worden, nächsten Sommer soll alles fertig sein. Vorbildlich ist das Ausbildungskonzept mit Nähe zur Hochschule. Und ganz besonders ist die Architektur des Düsseldorfer Büros SOP: die Fassade in Falten gelegt, verhüllt, aber dennoch transparent. Ein Modell für den Stadtrat?

(RP)
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