Mönchengladbach Pfarrer verbietet Volkslieder in der Kirche

Mönchengladbach · Guido Fluthgraf leitet die GdG Giesenkirchen. Der Pfarrer gilt als konservativ. Die Gemeinde wirft ihm fehlende Bereitschaft zur Ökumene vor. Außerdem habe er weltliches Liedgut in der Kirche untersagt und damit Chöre verprellt.

 Guido Fluthgraf leitet die GdG Giesenkirchen. Die Gemeinde wirft ihm fehlende Bereitschaft zur Ökumene vor.

Guido Fluthgraf leitet die GdG Giesenkirchen. Die Gemeinde wirft ihm fehlende Bereitschaft zur Ökumene vor.

Foto: Isabella Raupold

Vor drei Jahren füllte Heino die Marienkirche in Rheydt. Das wird er auch jetzt wieder tun, wenn er am 23. November auf seiner Kirchen-Tournee erneut in St. Marien Station macht. Die Bläck Fööss begeisterten 600 Gäste in der St.-Helena-Kirche in Rheindahlen. Am Wochenende lud die Jugendfreizeitstätte Holt zu einem Benefizkonzert mit Gesang und Tanz in die St.-Michael-Kirche ein. Heinz Vennedey wünscht sich solche Erlebnisse auch in Giesenkirchen. Drei seiner Enkel waren Messdiener in der Gemeinde St. Mariä Himmelfahrt in Meerkamp. "Das haben meine Frau und ich jahrelang zum Anlass genommen, diese Kirche zu besuchen", sagt er. Auch von ihrem Wahlrecht haben Heinz Vennedey und seine Frau in Meerkamp viele Jahre lang Gebrauch gemacht. Jetzt wenden sie sich von der Meerkamper Kirche, die mit St. Paul Mülfort, St. Josef Schelsen und St. Gereon Giesenkirchen zur Gemeinschaft der Gemeinden MG-Giesenkirchen gehört, ab.

"Pfarrer Guido Fluthgraf macht es uns unmöglich, die Gemeinde weiterhin zu besuchen." Im vergangenen Jahr hat seine Enkeltochter am Giesenkirchener Gymnasium ihr Abitur gemacht. "Sie hat den Pfarrer gefragt, ob ihre Stufe einen ökumenischen Wortgottesdienst in Meerkamp organisieren dürfe", sagt Vennedey. "Er hat das abgelehnt mit der Begründung, in seiner Kirche gebe es keine Ökumene." Chöre seien von Pfarrer Fluthgraf der Kirche verwiesen worden, weil sie auch weltliches Liedgut vortragen wollten. Zu diesem Vorwurf sagt Pfarrer Guido Fluthgraf: "Es gab vor einiger Zeit einen Chor, der ausschließlich weltliche Lieder in St. Paul vortragen wollte." In seiner Kirche wünsche er aber geistliches Liedgut, deshalb habe er den Auftritt untersagt. Auch den Rheydter Kinder- und Jugendchor unter der Leitung von Theo Lass hat es getroffen. Nach drei Sommerkonzerten in Folge in der Meerkamper Kirche musste der Chor umziehen. "Dem Chorleiter wurde gesagt, in der Kirche dürften keine Volkslieder gesungen werden", sagt Heinz Vennedey. "Man stelle sich das mal vor: Bei Theo Lass singen Kinder ab sechs Jahren. Und denen wird das Singen altersgemäßer Lieder verboten?" St. Johannes an der Urftstraße nahm den Kinder- und Jugendchor gern auf.

Andere Pfarrer sind ähnlich liberal. Klaus Hurtz, der Heino erneut in seiner Kirche empfängt, sagt: "Wo der Gesang aus dem Herzen kommt, da verlieren sich die menschlichen Unterschiede von weltlich und geistlich." Pfarrer Harald Josephs aus Rheindahlen singt selbst für sein Leben gern kölsche Lieder. Mit seinen Kölsch-Katholisch-Gottesdiensten erfreut er seit Jahren die Kirchgänger. "Wir wollen eine einladende Kirche sein — zwischen Blockflöte, Bläck Fööss, Frau Höpker und Mozarts Krönungsmesse ist alles erlaubt", sagt er. "Katholisch soll bunt sein. Gegen lithurgische und musikalische Begegnungen ist absolut nichts einzuwenden."

Regionaldekan Ulrich Clancett ist bekannt, dass es in Giesenkirchen Gesprächsbedarf gibt. "Seit dem Zusammenschluss der vier Gemeinden hat es immer wieder Ärger gegeben", sagt er. Speziell in Meerkamp habe es Verselbstständigungstendenzen gegeben. "Dieser Ärger schwelt heute noch, das hat aber nichts mit Pfarrer Fluthgraf zu tun." Dieser fühlt sich missverstanden: "Hier kursieren viele Gerüchte. Es hieß sogar, ich würde Kinder zu St. Martin nicht in die Kirche lassen."

(RP)
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