Klingelbeutel Imagine: Stell' dir vor

Moers · Imagine there's no heaven ... above us only sky" heißt es im Original John Lennons. Vielleicht werden Sie die nachdenklich stimmende Melodie noch summen oder auf einem Instrument spielen können und sich von ihr ins Reich der Phantasie tragen lassen.

Auch der Text macht nachdenklich: "Stell' dir vor, es gibt keinen Himmel ... über uns nur der ...", und da stockt der Übersetzer; die englische Sprache hat zwei Bedeutungen für Himmel: 'Heaven' für das, was wir über uns erahnen, und 'Sky' für das, was wir sehen, das Firmament. 'Heaven' - Himmelreich - , dorthin entschwand der auferstandene Jesus, seine in Geist gewandelte Materie. In der (Lukas zugeschriebenen) Apostelgeschichte wird erzählt, dass er "vierzig Tage hindurch ihnen erschien und von den Dingen des Gottesreiches redete" und dann "wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke entzog ihn ihren Blicken". Daran dachten wir am Himmelfahrtstag.

Himmelreich? Wo und wie müssen wir uns das vorstellen? Zumindest die Frage nach dem 'Wo' stellt sich nicht, denn Immaterielles hat keinen Raum und damit keinen Ort. Also ist das Himmelreich überall? Und gilt das dann auch für Gott?

Wenn Gott überall ist, ist er dann auch in Allem und auch in jedem von uns? In Christen, Juden, Moslems, Hindus ... und in Atheisten? Und gibt es dann nicht Sinn, uns dessen zu besinnen, darauf auszurichten und es nicht mit dem Kirchgang - wenn überhaupt - erledigt sein zu lassen? Nicht umsonst spricht man von der 'Sprachlosigkeit religiöser Erfahrung'. Erfahrung oder gar nur Empfinden reichen aber nicht immer, manchmal bedarf es auch der Umsetzung in Sprache, um es zu übermitteln.

Im Neuen Testament heißt es daher, er wurde 'vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke entzog ihn ihren Blicken'. Das war ja auch für die damaligen Menschen noch einigermaßen verständlich. Wir sind heute schon etwas neugieriger und denken an die Verwandlung von Materiellem in Immaterielles, Geistiges, und umgekehrt.

John Lennons Text geht weiter: 'Stell' dir vor, es gäbe keinen Besitz ... keinen Grund für Habgier und keinen Hunger'. Kein Problem, sich das vorzustellen in der Geistes-Welt, wo es nichts Materielles gibt, dem gegenüber man Habgier empfinden kann. Und wie wäre es, wenn wir ein wenig davon in unsere Welt übertrügen? Dann könnten wir John Lennon, wenn er noch lebte, entgegnen: Lass uns lieber glauben, es gibt das Himmelreich in Allem, und es gibt Christi Himmelfahrt und seine Existenz in Allem. Denn müssen wir nicht erkennen, dass unser Wissen über die Welt gar nicht der eigentlichen Wirklichkeit entsprechen kann, was immer wir uns unter der letzten Wirklichkeit vorzustellen haben?

Sehr besinnlich ist die Zeit zwischen Himmelfahrt und Pfingsten ... und anregend.

JOACHIM REUTER, VORSITZENDER DES STIFTUNGSRATES DER NIEDERRHEINISCHEN DIAKONIESTIFTUNG

(RP)
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