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Serie die Schätze im Schloss So sah ein "alter ächter Grafschafter" aus

Moers · 1848 ist ein politisch unruhiges und bewegtes Jahr. Die Demokratiebewegung in den deutschen Ländern befindet sich auf ihrem Höhepunkt. Und in Moers erscheint die erste Ausgabe des Grafschafter. Die Moerser erweisen sich als königstreu.

 Museumsmitarbeiter Sasa Gardijan zeigt ein Blatt aus dem „Grafschafter“. 1848 gründete Franz Ludwig Zahn die Lokalzeitung als „Anzeiger für Moers und die Umgegend“.

Museumsmitarbeiter Sasa Gardijan zeigt ein Blatt aus dem „Grafschafter“. 1848 gründete Franz Ludwig Zahn die Lokalzeitung als „Anzeiger für Moers und die Umgegend“.

Foto: Dieker, Klaus

MOERS Mittwoch, 9. August 1848. Der "Anzeiger für Meurs und die Umgegend" thematisiert in seinem aktuellen Aufmacher den "alten ächten Grafschafter". Als Bild ist die Zeichnung eines Mannes mit Rucksack und Schaufel den Artikel gestellt. "So soll ein ächter Grafschafter, einer von altem Schrot und Korn, ausgesehen haben", schreibt das Blatt auf seiner Seite eins. Ab 1848 versorgte "Der Grafschafter", so der Name des Anzeigers, als erste Lokalzeitung die Moerser mit Nachrichten und Ankündigungen aus ihrer Stadt - zuerst als Beiblatt der Dorf-Chronik, die schon seit 1846 über die "allerneusten Nachrichten aus allen Ländern" berichtete.

Gründer beider Zeitungen war Franz Ludwig Zahn. Der Theologe und Jurist war 1832 in die Grafenstadt gezogen, um die Nachfolge Adolph Diesterweg als Seminardirektor am Lehrerseminar anzutreten. Im selben Jahr gegründete er den Verlag "Rheinische Schulbuchhandlung" und die Filder Druckerei.

Franz Ludwig Zahn, der als Pfarrerssohn in Thüringen geboren wurde, Jura in Jena und Theologie in Berlin studiert hatte, hatte sich vor allem durch seine pädagogischen Schriften einen Namen gemacht. In Moers gründete der Vater von zehn Kindern 1836 eine private Präparandenanstalt, die Schüler auf das Studium am Lehrerseminar vorbereiten sollte. Sie wurde 1840 auf das Gut Fild verlegt, heute stehen dort Musikschule und Martinstift.

Die Präparandenanstalt finanzierte sich nicht nur über Schulgeld, sondern auch aus privaten Mitteln Zahns, wie aus dem Verkauf aus Schulbüchern. 1846 rief Zahn zunächst die Dorf-Chronik ins Leben, zwei Jahre später den "Grafschafter". Franz Ludwig Zahn scheint sich in jenen Tagen stärker der Politik zugewandt zu haben. Das hatte seinen Grund.

Es waren politisch unruhige und bewegte Zeiten, als die Lokalzeitung erstmals erschien. Die Franzosen hatten im Frühjahr des Jahres den König abgesetzt und die Republik ausgerufen, auch in den deutschen Ländern kam es im März fast überall zu Demonstrationen. Und in der Frankfurter Paulskirche trat im Mai die Deutsche Nationalversammlung zusammen, um erstmals in der deutschen Geschichte eine demokratische Verfassung auszuarbeiten.

Die Demokratiebestrebungen waren im vollen Gange. Die Dorf-Chronik nahm sich des Themas am 19. Juli 1848 an. Die Moerser lasen: "Wenn man jetzt, nach den Revolutionstagen, in Berlin auf den Straßen geht, so sieht man allerlei neue Gestalten - von den Bärten ganz zu schweigen, die man wachsen lässt - sieht man auch junge Leute, denen eine rothe Feder am Kopfe herausguckt (...). Und fragt man: Was für Leute sind denn das? So erhält man zur Antwort: Das sind die Republikaner."

Die Moerser selbst waren scheinbar königstreu geblieben. So berichtete der Grafschafter am 6. Januar 1849, dass sich wie vielerorts auch in der Grafenstadt "ein Verein für König und Vaterland" gegründet hatte: "Es zählt der Verein schon Hunderte von Mitglieder." In derselben Ausgabe, die im Grafschafter Museum ausgestellt ist, befasst sich auch Zahn in seinem Neujahrsgruß mit der Entwicklung. "Das Jahr, das hinter uns ist, das war ein schweres Jahr. Der alte Preußen-Thron steht fester als je. Aber alle guten Preußen müssen weiter helfen. Der König kann alles mit uns, aber nichts ohne uns. Das hat er selber gesagt (...) Unser König will also mit seinem Volke regieren, mehr als es sonst der Fall war." Der Grafschafter erschien übrigens in den Anfangsjahren samstags im Wechsel mit der Dorf-Chronik, die mittwochs herauskam.

Und er berichtete nicht nur über politische, sondern auch ganz alltägliche Themen. In der Ausgabe vom 9. August 1848 erfuhren die Leser zum Beispiel, dass drei Tage später, am 12. August, ein gerichtlicher Verkauf anstehen würde: Auf dem Markte zu Meurs wurden zwei milchgebende Kühe, ein Kalb, zwei Schweine und etliches Vieh mehr angeboten.

(RP)
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