Letzer Täter ausgeliefert Geiselnahme, letzter Akt
Letzer Täter ausgeliefert · Der Menschenraub aus dem März 1997, als Vietnamesen aus einem Haus in Erfttal-West ein fünfjähriges Mädchen entführten, finden nun seinen Abschluss. Der letzte Täter wurde von Tschechien ausgeliefert. Knapp 200 Polizeibeamte aus ganz Nordrhein-Westfalen wurden wegen der Geiselnahme im März 1997 in Erfttal-West zusammen gezogen. Jetzt ist der letzte vietnamesische Täter in Händen der deutschen Justiz. NGZ-Archivfoto: A. Woitschützke
Der Menschenraub aus dem März 1997, als Vietnamesen aus einem Haus in Erfttal-West ein fünfjähriges Mädchen entführten, finden nun seinen Abschluss. Der letzte Täter wurde von Tschechien ausgeliefert. Knapp 200 Polizeibeamte aus ganz Nordrhein-Westfalen wurden wegen der Geiselnahme im März 1997 in Erfttal-West zusammen gezogen. Jetzt ist der letzte vietnamesische Täter in Händen der deutschen Justiz. NGZ-Archivfoto: A. Woitschützke
Er führt mehrere Namen und nennt unterschiedliche Geburtsdaten. Trotzdem ist die Staatsanwaltschaft überzeugt, mit dem aus Tschechien an Deutschland ausgelieferten Vietnamesen eine der zentralen Figuren jenes Raubüberfalls endlich in Händen zu haben, bei dem am 4. März 1997 aus einem Haus in Erfttal-West eine laotische Frau mit einem Kind verschleppt worden war.
Der Tatverdächtige sitzt nach Angaben von Staatsanwalt Hans-Rainer Kleinert in Untersuchungshaft und wartet auf seinen Prozess vor dem Düsseldorfer Landgericht. Die Anklageschrift ist fertig, ein Termin noch nicht benannt. Der Überfall in der Nacht zum 4. März löste in Neuss einen der größten Polizeieinsätze in der jüngeren Vergangenheit aus.
Mehr als 200 Beamte aus ganz Nordrhein-Westfalen wurden rund um das Haus Londonstraße 31 zusammen gezogen. Dort waren gegen 3.30 Uhr vier bewaffnete Vietnamesen - Teil einer größeren Bande - eingedrungen und hatten eine laotische Familie in ihre Gewalt gebracht. Als die Beamten das Haus fünf Stunden später stürmten, waren die Räuber schon verschwunden.
Außer der damals fünfjährigen Me-Lin hatten sie noch eine weitere Laotin entführt. Die war, wie sich später herausstellte, eine Komplizin der Entführer und hatte Kontakt zu der Familie aufgebaut, um deren Vermögensverhältnisse auszuspähen. Denn letzten Endes ging es bei Überfall und Geiselnahme um keinen Bandenkrieg zwischen Vietnamesen und Laoten, wie zunächst vermutet worden war, um keine Auseinandersetzung innerhalb der so genannten Zigaretten-Mafia, sondern um nackten und brutalen Menschenraub. Und so gingen die Täter auch zu Werke.
Mitglied dieses operativen Quartetts, das in die Wohnung eingedrungen war: der jetzt von Tschechien Ausgelieferte. Die juristische Aufarbeitung des Überfalls von damals ist bis auf diesen einen Fall im wesentlichen schon 1998 erfolgt. Denn die Geiselnahme endete vier Tage nach der Entführung mit der Befreiung der Geisel bei einer - es ging um 60.000 Mark - fingierten Lösegeldübergabe in Berlin. Zwei Festnahmen am Übergabeort folgten weitere in Berlin, Düsseldorf, Viersen und Bochum.Insgesamt 14 Personen. Einige aus diesem Kreis wurden freigesprochen, andere verurteilt.
Nur einer aber konnte sich der Strafverfolgung entziehen. Er wurde erst im vergangenen Jahr in Tschechien dingfest gemacht, wo er mit gleichen Taten in Konflikt zur Polizei geraten war. Warum die Strafverfolgungsbehörden den Vietnamesen aber schon im Oktober nach Deutschland überstellten, weiß Kleinert nicht. "Ich hatte mit einer Überstellung erst in ein paar Jahren gerechnet." Erste Station des Vietnamesen in Deutschland war Berlin. Dort hatte er sich wegen eines Raubdeliktes im Zusammenhang mit der so genannten Zigaretten-Mafia zu verantworten.
Mit Blick auf den in Düsseldorf zu erwartenden Prozess wurde dieses Verfahren allerdings eingestellt. Vorwurf der Anklage dort: schwerer Raub. Der verjährt erst nach 20 Jahren. Strafmaß: bis zu 15 Jahren. Wichtig für die Anklage wird dabei sein, dass die Opfer von einst, die fast alle in Neuss leben, den damals unmaskierten Mann mit den vielen Namen und Geburtstagen eindeutig wiedererkennen. -nau
